Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ende des Party-Modus
Die Formel 1 schafft den Zusatzboost der Autos wieder ab
BARCELONA (SID/dpa) - Immer samstags war bislang Party angesagt in der Formel 1. Allerdings nur zwischen 15.48 Uhr und 16.00 Uhr. Und auch nur für Autos mit Mercedes-Antrieb im Heck: Die Extrapower im Qualifying, der „Party-Modus“, machte das Weltmeisterteam im Kampf um die Pole-Position quasi unschlagbar – doch damit soll nun Schluss sein. Der Weltverband FIA will diese Motoreinstellung verbieten, schon ab dem Rennen im belgischen Spa Ende August.
Und so wird das Qualifying von Spanien am Samstag (15 Uhr/RTL und Sky) zur Abschlussfeier, besonders aus Sicht der Silberpfeile. Weltmeister Lewis Hamilton bleibt aber gelassen. „Das ist ehrlich gesagt keine große Überraschung“, sagt der Engländer, „die haben ja immer versucht, uns einzubremsen. Aber ich denke nicht, dass sie ihr gewünschtes Ergebnis bekommen.“
Schließlich ist der Mercedes-Motor auch ohne Tricks der stärkste im Feld. Die lieb gewonnene Sondereinstellung wird Hamilton in Barcelona aber wohl letztmals nutzen. Er selbst hatte ihr den Spitznamen gegeben: Ab dem Q3, der heißen Phase der Zeitenjagd, wird der „Party-Modus“aktiviert – spätestens dann hat die Konkurrenz nichts mehr zu lachen. In fünf Rennen des Jahres holte Mercedes fünfmal die Pole-Position, viermal lag der Vorsprung auf die Konkurrenz bei etwa einer Sekunde. So viel waren es am Freitag auch im Freien Training von Barcelona: Der Finne Valtteri Bottas lag hauchdünn vor Hamilton, eine Sekunde dahinter rangierte Max Verstappen im Red Bull.
Nun hat Mercedes die Zusatzpower keineswegs erfunden. Auch Renault und Honda nutzen einen Spezialmodus, wenn es um die Startplätze geht – nur Ferrari hat so etwas nicht zu bieten: Im Vorjahr gab es SchummelVorwürfe, die Scuderia musste kurzfristig ihren Motor umbauen. „Für uns macht das Ganze keinen großen Unterschied“, sagt Sebastian Vettel daher, für andere dagegen seien das in der Tat „keine guten Nachrichten“.
Die anderen sind Mercedes, denn der stärkste Motor im Feld verfügt eben auch über den stärksten Extraschub. Vor allem das Werksteam und seine Kunden Racing Point und Williams werden die neue Direktive zu spüren bekommen. Ein Machtwechsel aber ist nicht zu erwarten. Die Silberpfeile dürften das Team bleiben, das es zu schlagen gilt, das Feld dürfte aber näher zusammenrücken.
Die FIA sieht ihre Maßnahme übrigens nicht als Schlag gegen Mercedes. Die Regelhüter erhoffen sich eine bessere Kontrolle: Künftig soll für Rennen und Qualifying nur noch ein Modus gestattet sein, dadurch könne die Einhaltung des Reglements einfacher überwacht werden.
In den letzten Jahren hatte sich da ein Wust entwickelt. So kann nicht nur in der Qualifikation kurzzeitig mehr Leistung abgerufen werden, auch in der Startrunde, beim Überholen oder beim Verteidigen der Position. Und wer im Rennen seinen Motor schonen kann, findet dafür ebenfalls einen Modus. Das alles fällt ab dem Rennen in Spa am 30. August wohl ebenfalls weg. Bottas befürchtet, die Formel 1 könnte künftig unattraktiver werden: „Mit nur einem Modus für alle wird es weniger Überholmanöver geben, weil wir Piloten nicht mehr das Maximum aus den Situationen herausholen können.“