Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ab in den Garten
Wie Kaninchen und Meerschweinchen den Sommer im Freien genießen können
BERLIN (dpa) - Frische Luft, neue Eindrücke, natürliches Futter – all das bekommen Kaninchen und Meerschweinchen, wenn sie im Sommer Gartenluft schnuppern dürfen. Vor allem, wenn die Tiere ansonsten in der Wohnung leben, ist Freilauf im Grünen eine willkommene Abwechslung. „Selbst zu grasen ist das Natürlichste, was man ihnen bieten kann“, sagt Alexandra Stoffers, Kaninchen-Expertin im Tierheim Henstedt-Ulzburg in Schleswig-Holstein.
Allerdings sollten Halterinnen und Halter ein paar Dinge beachten, bevor sie ihre Tiere in die Sommerfrische entlassen. Kaninchen gelten generell als wenig kälteempfindlich. Tiere, die ansonsten in der Wohnung gehalten werden, fühlen sich bei Temperaturen ab zehn Grad im Freien wohl.
Meerschweinchen sind da etwas empfindlicher. „Sie sollten nur auf den Rasen, wenn man sich selbst über einen längeren Zeitraum draußen barfuß wohlfühlt“, rät Claudia Michel, Vorsitzende des Vereins Meerschweinchenhilfe im schwäbischen Ostfildern.
So gerne Kaninchen und Meerschweinchen grasen – gerade wenn sie eigentlich in der Wohnung leben, sollte man sie langsam an Gras, Löwenzahn
oder Wiesenkräuter heranführen. „Die Zusammensetzung von frischem Grün ist anders als die vom üblichen Supermarktfutter“, gibt Anja Ewringmann zu bedenken. Die Tierärztin führt in Berlin eine Praxis, die sich auf Kleintiere spezialisiert hat. „Wenn die Tiere nicht daran gewöhnt sind, kann das zu Verdauungsstörungen führen. Bevor man sie das erste Mal raussetzt, sollte man deshalb Grünfutter in kleinen Mengen ins Haus holen.“
Speziell bei Kaninchen sollten Halter auch an eine Impfung denken: Langohren können sich mit den Viruserkrankungen RHD und Myxomatose anstecken – vor allem, wenn sich Wildkaninchen in der Umgebung aufhalten. „Man sollte sie auf jeden Fall impfen lassen“, sagt Ewringmann – das gelte aber auch für Tiere, die nur in der Wohnung leben.
Vorsicht ist auch bei Gartenpflanzen geboten: Kaninchen könnten zwar giftiges und ungiftiges Futter unterscheiden und würden ungeeignete Pflanzen in der Regel nicht anrühren, ist Alexandra Stoffers überzeugt. Das sagt auch Tierärztin Anja Ewringmann, sie schränkt aber ein: „Wenn die Tiere kein Grünfutter gewöhnt sind, kann man sich darauf nicht verlassen.“Das gelte gerade für Meerschweinchen. Besser ist es daher, wenn sie draußen gar nicht erst die Gelegenheit bekommen, an Thuja,
Eibe, Efeu, Kirschlorbeer oder Oleander zu knabbern.
Die Tiere bringt man im Garten am besten in einem Gehege unter – erst recht, wenn man sie nicht rund um die Uhr beaufsichtigen kann. Wichtig ist da zunächst der Standplatz: Weder Kaninchen noch Meerschweinchen sind Sonnenanbeter, sie brauchen im Gegenteil auf jeden Fall Schatten. „In der prallen Sonne kann es schnell zu einem Hitzschlag kommen“, sagt MeerschweinchenExpertin Claudia Michel. „Die Tiere brauchen auch bei stundenweisem Aufenthalt draußen Schatten, Rückzugsmöglichkeiten und ausreichend Wasser.“Als schattige Plätzchen reichen dabei nicht nur kleine Holzhäuschen, in denen sich Hitze sogar aufstauen kann. Am besten ist der natürliche Schatten eines Baumes.
Gehege muss einbruchsicher sein Das Gehege selbst soll so groß wie möglich sein, sagt Kaninchen-Expertin Alexandra Stoffers. Dann kann das Tier richtig hoppeln oder auf dem Rasen ein paar Haken schlagen. Die üblichen Gehege aus dem Zoofachhandel hält Stoffers für zu klein. Eine Alternative seien Welpengitter, die bis zu einem Meter hoch sind und sich zu einem geräumigen Auslauf zusammenstecken lassen.
Natürlich kann man ein Gehege auch selbst bauen – aus Holzrahmen und möglichst engmaschigem Draht. Es muss auf jeden Fall ein- und ausbruchsicher sein, damit die Insassen nicht einfach ausbüxen und gleichzeitig keine Fressfeinde wie Katzen, Hunde, Marder oder Raubvögel hineingelangen können. „Wichtig ist eine stabile Abdeckung, die standhält, falls zum Beispiel eine Katze daraufspringt“, sagt Claudia Michel. „Nur ein Netz über Gitterelementen ist keine stabile Variante, wenn die Tiere unbeaufsichtigt auf der Wiese sind.“
Nur wenn die Nager einen Stall oder einen anderen trockenen und vor allem sicheren Unterschlupf haben, kann man sie auch über Nacht im Freien lassen: Auf nassem Rasen dürfen sie nicht übernachten. Bei allen Vorteilen des Gartenfreilaufs sollte man zudem beachten: Ob das Kaninchen oder Meerschweinchen den Aufenthalt dort wirklich genießt, kommt auch auf seine Persönlichkeit an.
Es gebe ängstliche Exemplare, die draußen angesichts der vielen Eindrücke in eine Art Schockstarre verfallen, weist Tierärztin Anja Ewringmann hin. „Wenn ich jedes Mal eine Hetzjagd veranstalten muss, um die Tiere wieder einzufangen, ist der Stress größer als der Nutzen“, meint auch Claudia Michel. „Dann pflückt man besser die Wiese und bringt sie ins Haus.“