Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Sea Watch 4“zu erstem Einsatz gestartet
Seenotrettung unter kirchlicher Flagge – Schiff soll Flüchtlinge in sichere Häfen bringen
BERLIN (AFP/KNA) - Das unter anderem von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unterstützte Seenotrettungsschiff „Sea Watch 4“ist zu seinem ersten Einsatz im Mittelmeer aufgebrochen. Das Schiff verließ am Samstag den Hafen des spanischen Burriana und befindet sich auf dem Weg ins Einsatzgebiet in internationalen Gewässern vor Libyen, wie das Trägerbündnis United4Rescue und die Hilfsorganisation Sea-Watch mitteilten.
Die „Sea Watch 4“ist derzeit das einzige zivile Rettungsschiff im Einsatz, auch wegen Behinderungen anderer Missionen vor allem durch die italienischen und maltesischen Behörden, wie die beteiligten Organisationen kritisierten. Aufgabe des Schiffes ist es, Flüchtlinge aus Seenot zu retten. Der Einsatz wird von der Organisation Sea-Watch operativ geleitet und durch Ärzte ohne Grenzen medizinisch unterstützt.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, begrüßte den Beginn der Mission. Im ZDF bezeichnete er es jedoch zugleich als „skandalös“, dass „die EU seit Jahren zuschaut, wie an den Grenzen Europas Menschen ertrinken“. Der Bischof kritisierte auch die Zusammenarbeit der europäischen Regierungen mit der libyschen Küstenwache, der immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Es sei zwar gut, „dass wenigstens die zivilen Seenotretter da sind“, doch eigentlich sei das eine staatliche Aufgabe. Das frühere Forschungsschiff war im Januar von dem Bündnis United4Rescue mit Spendengeldern ersteigert und im Februar in Kiel auf seinen jetzigen Namen getauft worden. Wegen der Corona-Pandemie hatte sich der Einsatz monatelang verzögert. Zum Trägerkreis gehören neben evangelischen und einigen katholischen Institutionen auch Sozialverbände, Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen sowie Gewerkschaften.
Ausgangspunkt für die Gründung des Bündnisses war eine auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2019 verabschiedete Resolution, die die EKD und ihre Gliedkirchen aufforderte, selbst ein Schiff zur Seenotrettung im Mittelmeer zu schicken. Nach gründlichen Beratungen hatten Rat und Synode der EKD beschlossen, sich dieser Aufgabe zu stellen.
Das gilt als eine der gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Allein in diesem Jahr registrierte die Internationale Organisation für Migration in Genf bislang 443 ertrunkene Migranten.