Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Joshua Cheptegei lässt die Laufwelt staunen
MONACO (SID/dpa) - Kaum hatte Joshua Cheptegei einen der großen Weltrekorde der Leichtathletik zerschmettert, hob er herausfordernd die Arme und blickte grinsend ins karge monegassische Publikum. Fragen gab es reichlich, nachdem der neue ugandische Wunderläufer die 16 Jahre alte 5000-m-Bestmarke des großen Äthiopiers Kenenisa Bekele um zwei Sekunden auf 12:35,36 Minuten gedrückt hatte. Die drängendste: Wie war ein solches Rennen in Pandemiezeiten ohne Wettkampfhärte beim ersten Diamond-League-Meeting möglich? „Es war eine große mentale Herausforderung, motiviert zu bleiben“, sagte Cheptegei nach dem einsamen Sturmlauf mit dem selbst für Hobbyradfahrer sportlichen Schnitt von 23,8 km/h: „Aber ich habe mich immer wieder angetrieben, hatte die richtigen Leute um mich. In Uganda bei meiner Familie zu sein, war großartig.“
Der 23-Jährige, der sonst vor allem in den Niederlanden trainiert, verbrachte in der Heimat viel Zeit mit bodenständiger Arbeit, pinselte eine Grundschule mit an und ackerte mit dem Vater auf dem Feld. Nebenher muss ihm noch reichlich Zeit geblieben sein, das nächste läuferische Level zu erreichen. Denn niemand war seit 2004 näher als fünf Sekunden an Bekeles Marke herangekommen, wer jene nun sprengt, noch dazu in einem Jahr, in der das weltweite DopingKontrollsystem nur noch auf Notbetrieb läuft, muss mit einer gewissen Skepsis leben. Und doch kam Cheptegeis Rekordlauf keineswegs aus dem Nichts. „Sein Laufstil ist Poesie als Bewegung“, sagte Trainingspartner und Marathon-Superstar Eliud Kipchoge, das gemeinsame „NN Running Team“hatte den Weltrekord sogar angekündigt. Die Bilanz Cheptegeis in seinen jüngsten vier Rennen ist enorm: WMGold über 10 000 m mit Meisterschaftsrekord in Doha (6. Oktober), Straßen-Weltrekorde über 10 km (1. Dezember) und 5 km (16. Februar) – und nun die Krönung in Monaco. „Ich möchte die Bahn in den nächsten fünf oder sechs Jahren dominieren“, hatte Cheptegei in Doha gesagt, zu Beginn seiner Karriere hatte er getönt: „Ich möchte meinen Sport so verändern, wie es Michael Jordan und Cristiano Ronaldo in ihrem geschafft haben.“
Nicht nur Cheptegei zeigte in Monaco, wo 5000 Zuschauer zugelassen waren, Großes. Über 1500 m knackte der norwegische Teenager Jakob Ingebrigtsen in 3:28,68 Minuten den Europarekord Mo Farahs (3:28,81). In Leverkusen glänzte am Sonntag auch Stabartist und Lokalmatador Bo Kanda Lita Baehre, der mit persönlicher Bestleistung von 5,81 m Zweiter hinter dem höhengleichen Weltmeister Sam Kendricks (USA) wurde. Raphael Holzdeppe (Zweibrücken) wurde mit Saisonbestleistung von 5,76 m Dritter.