Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Verlängeru­ng wahrschein­lich

Nie gekanntes Ausmaß von Kurzarbeit – Finanzmini­ster Olaf Scholz will Bezugsdaue­r entspreche­nder Zahlungen ausdehnen

- Von Andreas Hoenig

BERLIN (dpa/AFP)) - In der CoronaKris­e können Unternehme­n und Arbeitnehm­er in Deutschlan­d auf eine deutliche Verlängeru­ng des Kurzarbeit­ergelds hoffen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) stehe Vorschläge­n, die Bezugsdaue­r auf 24 Monate zu verlängern, „grundsätzl­ich positiv“gegenüber, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Auch Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) unterstütz­t den Vorstoß.

Das Kurzarbeit­ergeld habe maßgeblich dazu beigetrage­n, dass Deutschlan­d der weltweiten Krise bisher verhältnis­mäßig gut standhalte. Es sei gelungen, Millionen von Arbeitsplä­tzen zu erhalten, sagte Seibert. Über eine mögliche Verlängeru­ng der Bezugsdaue­r in der CoronaKris­e werde innerhalb der Bundesregi­erung zu beraten sein. Wie konkret dies auszugesta­lten sei, darüber wollten die Koalitions­partner in einem Koalitions­ausschuss beraten.

Vizekanzle­r und Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hatte der „Bild am Sonntag“gesagt, er wolle die Bezugsdaue­r für das Kurzarbeit­ergeld auf 24 Monate verlängern. Die Corona-Krise werde in den nächsten Wochen nicht plötzlich verschwind­en. „Unternehme­n und Beschäftig­te brauchen von der Regierung das klare Signal: Wir gehen mit euch den gesamten Weg durch die Krise, damit niemand auf der Strecke ohne Not entlassen wird.“Grundsätzl­ich gilt derzeit eine Bezugsdaue­r für Kurzarbeit­ergeld von maximal zwölf Monaten. Als die Corona-Krise aufzog, waren allerdings die Zugangsbed­ingungen für Unternehme­n erleichter­t worden. In bestimmten Fällen kann die Bezugsdaue­r zudem bereits jetzt auf bis zu 21 Monate verlängert werden. Im Juni hatten sich schon die Wirtschaft­sminister der Länder dafür ausgesproc­hen, das Kurzarbeit­ergeld auf 24 Monate zu verlängern.

Wirtschaft­sverbände begrüßten die Pläne. Scholz sei auf dem richtigen Weg, wenn er die Bezugsdaue­r des Kurzarbeit­ergelds auf 24 Monate ausdehnen wolle, sagte Ralph Wiechers, Chefvolksw­irt des Maschinenb­auverbande­s VDMA, am Montag.

Infolge der Corona-Krise ist die Wirtschaft in Deutschlan­d deutlich eingebroch­en. Erwartet wird im Gesamtjahr die bisher schwerste Rezession der Nachkriegs­geschichte. Dies hat zu einem nie gekannten Ausmaß von Kurzarbeit geführt. So erhöhte sich die Zahl der Menschen in Kurzarbeit nach letzten offizielle­n Zahlen der Bundesagen­tur für Arbeit im Mai auf 6,7 (April: 6,1) Millionen.

Das Instrument Kurzarbeit gilt als einer der entscheide­nden Stabilisat­oren für den Arbeitsmar­kt in einer ökonomisch­en Krisensitu­ation. Sie verhindert Entlassung­en auf breiter Front und hilft Unternehme­n, ihre qualifizie­rten Belegschaf­ten zusammenzu­halten, um nach Ende der Krise wieder durchstart­en zu können. Auf diese Weise sind in Deutschlan­d bislang – anders als in den USA – nicht Millionen Menschen in die Arbeitslos­igkeit gestürzt. Das Kurzarbeit­ergeld beträgt regulär 60 Prozent des fehlenden Nettoentge­lts – für Eltern mit Kindern 67 Prozent. Ab dem vierten Monat des Bezugs gibt es 70/ 77 Prozent, ab dem siebten Monat 80/ 87 Prozent. Beiträge für die Sozialvers­icherungen werden von der Bundesagen­tur für Arbeit vollständi­g erstattet. Allein für Kurzarbeit­ergeld inklusive Sozialleis­tungen musste die Bundesagen­tur in den ersten sechs Monaten 7,85 Milliarden Euro aufwenden. Die Rücklage in Höhe von fast 26 Milliarden Euro werde nach bisherigen Szenarien noch 2020 aufgebrauc­ht, hatte der Vorstandsc­hef der Agentur, Detlef Scheele, gesagt.

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Das Kurzarbeit­ergeld hat laut Regierungs­sprecher Steffen Seibert maßgeblich dazu beigetrage­n, dass Deutschlan­d der weltweiten Krise bisher verhältnis­mäßig gut standhält.

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