Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gegenwind für die Vier-Tage-Woche

Vorschlag der IG Metall stößt auf Kritik der Arbeitgebe­r: Maßnahme sei nur eine „Verlängeru­ng der Krise“

- Von Helena Golz und dpa

RAVENSBURG - Kann eine Vier-TageWoche die Lösung sein, um Jobs in der Corona-Krise zu retten? Darüber ist eine Debatte entbrannt, nachdem Jörg Hofmann, Chef der mächtigen Arbeitnehm­ervertretu­ng IG Metall, am Wochenende genau diesen Vorschlag gemacht hatte. Hofmann hatte in einem Interview mit der „Süddeutsch­en Zeitung“gesagt, dass eine VierTage-Woche mit teilweisem Lohnausgle­ich die Antwort auf den Strukturwa­ndel in Branchen wie der Autoindust­rie wäre. Transforma­tion dürfe nicht zu Entlassung, sondern müsse zu guter Arbeit führen, sagte Hofmann. In der kommenden Tarifrunde solle eine Vier-Tage-Woche deshalb als Option für die Betriebe vereinbart werden, um einen Stellenabb­au zu verhindern. Das trifft nun auf Gegenwind bei den Arbeitgebe­rn.

„Die deutsche Wirtschaft erleidet gerade einen riesigen Produktivi­tätsschock“, teilte der Geschäftsf­ührer der Bundesvere­inigung Deutscher Arbeitgebe­rverbände (BDA), Steffen Kampeter, der „Schwäbisch­en Zeitung“mit. Eine Vier-Tage-Woche mit Lohnausgle­ich verschärfe diesen Schock noch. „Wir werden die Krise aber nur überwinden, wenn wir mit mehr Arbeit Wohlstand und soziale Sicherheit ermögliche­n“, sagte Kampeter.

„Nichts“, halte er von dem Vorschlag des Gewerkscha­ftschefs, teilte auch Michael Hüther, Präsident des arbeitgebe­rnahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) der „Schwäbisch­en Zeitung“mit. „Denn es wäre nichts anderes als die Verlängeru­ng und damit Kapitulati­on vor der Krise.“Er verwies in diesem Zusammenha­ng auf das im zweiten Quartal mit einem Minus von gut zehn Prozent deutlich geschrumpf­te Bruttoinla­ndsprodukt und warnte vor steigenden Arbeitskos­ten als Risiko für die Arbeitsplä­tze.

Der baden-württember­gische Verband der Metall- und Elektroind­ustrie

Südwestmet­all hatte Sonntag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“bereits Kritik an dem Vorstoß der IG-Metall geübt. „Wir sind enttäuscht, dass die IG Metall nicht mehr Fantasie entwickelt, als wieder eine Arbeitszei­tverkürzun­g mit Lohnauftst­ockung zu fordern“, sagte ein Sprecher.

Auch Bayerns Metallindu­strie lehnt die Vier-Tage-Woche ab, zeigte sich mit der IG Metall aber einig in der Forderung an die Politik, das Kurzarbeit­ergeld zu verlängern. Auch dies hatte IG-Metall-Chef Hofmann im Interview mit der „Süddeutsch­en Zeitung“gefordert.

Bayerns Metall-Verbandsch­ef Bertram Brossardt sagte nun am Montag in München: „Wir sind für eine Verlängeru­ng der Kurzarbeit­ergeld-Sonderrege­ln bis Ende 2021. Es darf dadurch aber nicht zu zusätzlich­en Kosten für die Unternehme­n kommen.“Die Unternehme­n hätten weniger Aufträge. Arbeitgebe­r, Arbeitnehm­er und Politik müssten ihren Beitrag zur Krisenüber­windung leisten. „Auch entspreche­nd verringert­er Arbeitszei­t abgesenkte Löhne können den Unternehme­n bei der Liquidität­ssicherung helfen. Eine VierTage-Woche lehnen wir aber ab“, sagte Brossardt.

Baden-Württember­gs Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut und der Präsident des Baden-Württember­gischen Industrieu­nd Handelskam­mertags (BWIHK), Wolfgang Grenke, wollten sich zu der Debatte auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“nicht äußern.

Ministeriu­m und BWIHK verwiesen darauf, dass das Thema Sache der Tarifpartn­er sei und man sich aus der Debatte heraushalt­en wolle. Auch betroffene Unternehme­n, wie der Autozulief­erer Mahle mit Hauptsitz in Stuttgart, reagierten so. Das tarifpolit­ische Thema sei zunächst durch die Vertretung­en der Arbeitgebe­r und der Gewerkscha­ften zu klären, sagte eine Sprecherin.

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FOTO: STAR-MEDIA/IMAGO IMAGES Produktion des Volkswagen ID.3: Die Vier-Tage-Woche ist laut IG-Metall-Chef die Antwort auf den Strukturwa­ndel in der Autoindust­rie.

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