Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Das Schweigen der Ex-Freunde
Berliner Clanchef und drei seiner Brüder wollten Geld von Rapper Bushido – Anklage wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung
BERLIN (dpa) - Umringt von Personenschützern mit schusssicheren Westen und Sturmhauben wird Rapper Bushido in den Saal 500 des Landgerichts gebracht. In dem Verfahren gegen den Chef einer bekannten Berliner Großfamilie und drei seiner Brüder ist der Musiker Nebenkläger und Zeuge. Eines haben die Ex-Freunde und heutigen Prozessgegner noch gemeinsam: Sie kommen am Montag ganz leger im T-Shirt zum Prozessauftakt – Bushido in Weiß, Clanchef Arafat A.-Ch. (44) in Schwarz.
Die einstigen Partner im Musikgeschäft sitzen nun auf verschiedenen Seiten im Gericht. Bushido, mit bürgerlichem Namen Anis Ferchichi, wirkt nachdenklich, verfolgt konzentriert die Anklage, vermeidet jeden Blick zu Arafat A.-Ch. Dieser antwortet auf die Fragen des Vorsitzenden
Richters: Deutscher, fünf Kinder von 5 bis 19, geschieden, gelernter Beruf KfZ-Mechaniker. Jetzige Tätigkeit? „Selbstständig – Vermietung und Verpachtung.“Alle vier Brüder verweigern am ersten Tag des mit Spannung erwarteten Prozesses die Aussage.
Der Zoff begann, als sich Bushido im August/September 2017 von Arafat A.-Ch. trennte. Der Hauptangeklagte soll von Bushido eine Millionenzahlung für angebliche Schulden sowie die Beteiligung an dessen Musikgeschäften für 15 Jahre gefordert haben. Er habe Bushido bedroht, ehrverletzend beschimpft, drangsaliert und verletzt. In seinem verschlossenen Büro habe der 44-Jährige mit Stuhl und Wasserflasche nach dem „Sprachgesangskünstler“geworfen. Die Brüder im Alter von 39, 42 und 49 Jahren sind als Gehilfen oder Mittäter
angeklagt. Nur der 39-Jährige sitzt in U-Haft.
Eine von Bushido gebotene Abfindung von mehr als zwei Millionen Euro schlug der Clanchef laut Anklage aus – er habe mehr gefordert: Der heute 41-Jährige sollte auch seine Villa in Kleinmachnow an Arafat A.-Ch. verkaufen. Bushido habe sich bedroht gefühlt und um das Leben seiner Frau und Kinder gefürchtet. Es sei schließlich Bushidos Frau Anna-Maria gewesen, die A.-Ch. beschied, es werde keine Zahlungen geben. Sie brachte die Polizei ins Spiel. Der Rapper verließ Deutschland für rund zehn Tage, um sich in Kenia und Thailand „weiteren Einwirkungen zu entziehen“. Danach sei er auch in psychologischer Behandlung gewesen. Im März 2018 sahen sich Bushido und A.-Ch. das letzte Mal, so die Anklage.
Angeklagt sind nun versuchte schwere räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung, gefährliche Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung und Untreue. 180 000 Euro soll einer der Brüder rechtswidrig von dem damaligen Firmenkonto von A.-Ch. und Bushido abgehoben und dem Clanchef gegeben haben.
In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“hatte ein Kenner der Szene gesagt, es sei absurd, wenn sich Bushido jetzt als Opfer darstelle. Er habe früher mit seinem „gefährlichen Freund“geprahlt. Arafat A.-Ch. stand schon in Dutzenden Strafverfahren vor Gericht. Sie wurden entweder eingestellt oder er wurde freigesprochen. Zuletzt war er wegen Beleidigung und Körperverletzung schuldig gesprochen worden, das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.
Sein Anwalt Hansgeorg Birkhoff sagte, er halte die Sicherheitsvorkehrungen für völlig übertrieben: „Sie dienen einem Spektakel.“Das dauert wohl bis Ende November; geplant sind mehr als 20 Verhandlungstage.