Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ausbildung: Viele Stellen noch unbesetzt

Bislang kaum Corona-Auswirkung­en auf Lehrstelle­nmarkt – Wer noch dringend Azubis sucht

- Von Brigitte Geiselhart und Bastian Schmidt

KREIS RAVENSBURG - Das neue Ausbildung­sjahr steht in den Startlöche­rn. Am 1. September beginnt auch für viele Jugendlich­e in Ravensburg und Umgebung mit dem Einstieg in den Beruf ein neuer Lebensabsc­hnitt. Doch ist in diesem, von der CoronaPand­emie geprägten Jahr auch in dieser Hinsicht alles anders? Offenbar nicht. „Eigentlich ist die Situation auf dem Lehrstelle­nmarkt im Vergleich zu den Vorjahren nahezu unveränder­t“, so das Zwischenfa­zit von Walter Nägele, Pressespre­cher der Arbeitsage­ntur Konstanz-Ravensburg.

Stand Ende Juli waren im Bereich der Arbeitsage­ntur Konstanz-Ravensburg von insgesamt 5100 neuen Lehrstelle­n 2100 noch nicht besetzt. Runtergebr­ochen ergibt sich auch für den Landkreis Ravensburg in etwa das gleiche Bild, wo von den insgesamt 2390 gemeldeten Stellen noch 930 offen sind. Hier waren ursprüngli­ch 1380 Jugendlich­e auf der Suche nach einem Ausbildung­splatz, 455 von ihnen sind aktuell noch nicht fündig geworden. Demnach kommen in der Region derzeit auf jeden Ausbildung­ssuchenden etwa zwei offene Lehrstelle­n.

Im Geschäftss­tellenbezi­rk Ravensburg sind 500 von 1400 Stellen unbesetzt und offiziell noch 295 von 870 gemeldeten Jugendlich­en auf der Suche nach einer passenden Lehrstelle. Im Bezirk Wangen sind noch 430 von 990 gemeldeten Lehrstelle­n unbesetzt und 160 von insgesamt 430 suchend gemeldeten Jugendlich­en stehen noch ohne Ausbildung­svertrag da.

Einen coronabedi­ngten Abbau von Lehrstelle­n kann Nägele daher nicht beobachten. „Die Betriebe setzen weiterhin auf gut ausgebilde­ten Nachwuchs und sind auch in diesen Zeiten bereit, in die Nachwuchsa­rbeit zu investiere­n“, konstatier­t er. Es werden insgesamt 150 Lehrstelle­n weniger als noch 2019 angeboten, aber 350 mehr als vor zwei Jahren. „Ein ganz normaler Schwankung­sverlauf,

wie wir ihn immer wieder feststelle­n“, betont Walter Nägele.

Coronabedi­ngt geändert hat sich freilich die Arbeit der Arbeitsage­ntur. Statt persönlich­er Berufsbera­tung vor Ort gibt es jetzt vermehrt telefonisc­he Beratungen. Vor allem aber wurde das Online-Angebot massiv ausgebaut. Wer jetzt noch nicht weiß, wohin der berufliche Weg führen soll, habe zum Beispiel beim Erkundungs­tool „Check-U“die Möglichkei­t, seine Stärken und Schwächen besser herauszufi­nden, und bekomme Berufsfeld­er aufgezeigt, in denen man sich mit großer Wahrschein­lichkeit zu Hause fühlen könne.

Was macht ein Drogist, ein Brunnenbau­er, ein Heilerzieh­ungspflege­r? Mehr als 250 verschiede­ne Berufsbild­er sind so online und über die

App AzubiWelt, über einen Youtubekan­al und Livesessio­ns erfahrbar. In diesem Jahr besonders wichtig ist nach Meinung des Pressespre­chers aber, dass sich die Jugendlich­en selbst informiere­n und engagieren. „Es finden keine Berufsmess­en oder Ausbildung­sbörsen statt. Da ist es unabdingba­r, selbst aktiv zu werden“, so Nägele, der davor warnt, zu sehr auf den Traumberuf fixiert zu sein. „Weg vom Scheuklapp­endenken“, lautet sein Rat an die Jugendlich­en, die noch auf Lehrstelle­nsuche sind. Von Vorteil sei natürlich auch immer eine gewisse räumliche Flexibilit­ät.

Viele Jugendlich­e hätten zudem eine abwartende Haltung und stellten sich die Frage, ob sie einen Platz auf einer weiterführ­enden Schule oder einen Studienpla­tz bekommen, und würden daher bis zuletzt warten, so die Erfahrung von Nägele. „Es lohnt sich jetzt, initiativ zu sein und sich bei Betrieben um eine Lehrstelle zu bewerben. Da geht noch einiges“, sagt er. Vor allem sollten sich Interessie­rte nicht von der vorangesch­rittenen Zeit abschrecke­n lassen.

Trotz des offizielle­n Ausbildung­sbeginns am 1. September sei bei den meisten Betrieben ein Ausbildung­sbeginn auch noch später im Jahr möglich. „Bei manchen Betrieben auch noch im November oder sogar Dezember“, so Nägele. Probleme gäbe es in solchen Fällen eher mit den Berufsschu­len, die einen solch späten Beginn ablehnen, da der in Blocksemin­aren angebotene Lernstoff nicht mehr aufholbar sei.

Eines sei laut Nägele aber sicher: „Auch in Corona-Zeiten wird kein Jugendlich­er von uns alleingela­ssen.“

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ARCHIVFOTO: TOBIAS HASE Gerade im Baugewerbe sind im Raum Wangen noch viele Lehrstelle­n unbesetzt.

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