Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Duell der Taktiker
Leipzig gegen Paris ist das Spiel zweier alter Bekannter
LISSABON (SID) - Mit „Spielberichten von der Landesliga Süd“hat der junge Scout Julian Nagelsmann einst Thomas Tuchel mächtig beeindruckt. Jetzt will der Shootingstar der Trainerbranche ausgerechnet gegen seinen Ex-Coach sein Meisterstück ablegen. Das Halbfinale der Champions League (21 Uhr/Sky und DAZN) ist auch ein Duell der deutschen Trainer an der Seitenlinie.
„Das ist schwer, weil wir wissen, dass Julian gerne die Taktik ändert und auch während des Spiels anpasst. Es ist schwerer, ein Spiel gegen RB vorzubereiten als gegen Atlético Madrid“, sagte Tuchel vor dem Showdown um den Einzug ins Endspiel: „Das war früher die DNA von Hoffenheim, und das ist sie jetzt auch von Leipzig.“Der PSG-Coach will sich auf die taktischen Spielchen aber nur bedingt einlassen. „Wenn so viele Variablen im Spiel sind und so viel Qualität drinsteckt“, sagte der 46-Jährige, „ist der Schlüssel, bei sich selbst zu bleiben“.
Das Duell ist auch deshalb so brisant, weil Tuchel in der Saison 2007/ 08 beim FC Augsburg II den jungen Nagelsmann trainiert hat. Der Abwehrspieler sei zwar „sehr oft verletzt“gewesen, erinnerte sich Tuchel, „aber er war ein sehr unbequemer Spieler, er wollte immer wissen, warum wir etwas machen“. Dieses „Kompliment“gab Nagelsmann zurück: „Ich hatte ihn ja in Augsburg als Trainer, und er war anstrengend, sehr fordernd.“Tuchel ließ Nagelsmann nach dem frühen Karriereende mit Anfang Zwanzig als Scout arbeiten. Die Berichte „von der Landesliga Süd haben gezeigt, dass er sich im Detail befasst, dass er Lösungen hat“, geriet Tuchel ins Schwärmen, dadurch habe Nagelsmann „die Liebe zum Spiel wiedergefunden“. Schon damals hatte Tuchel empfohlen: „Du musst deine Trainerscheine machen und versuchen, deinen Weg zu gehen.“Dass der Weg der beiden zu einem Duell im Halbfinale der Königsklasse führt, „war aber weder bei ihm noch bei mir vorhersehbar“.
Nagelsmann beschreibt das Verhältnis zu Tuchel als „nie extrem innig“. Er findet zwar, dass „zu viel Hype“um die Geschichte gemacht werde, aber es sei „der erste Schritt“seiner Trainerkarriere gewesen.“Aber auch Nagelsmann wolle gegen PSG „eine ordentliche Idee finden“. Der 33-Jährige verspricht Paris einen heißen Tanz: „Wir werden morgen bei 120 Prozent sein und dem Gegner alles abverlangen.“Das Taktik-Duell für die wichtigste Partie der jungen Leipziger Fußball-Geschichte ist also eröffnet. Oder, wie RBs Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer formulierte: „Das ist ein einmaliges Erlebnis für uns. Wir haben Bock drauf!“