Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Strobl pocht auf mehr Abschiebun­gen nach Gambia

In einem Brief an Außenminis­ter Heiko Maas fordert der Südwest-Innenminis­ter mehr Engagement ein

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Nur wenige asylsuchen­de Gambier dürfen offiziell in Deutschlan­d bleiben. Ihre Anerkennun­gsquote ist laut Südwest-Innenminis­terium geringer als fünf Prozent. Trotzdem bleiben sie im Land, weil sich Gambia viel zu oft querstelle, seine Staatsange­hörigen zurückzune­hmen. Das kritisiert Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) am Freitag in einem Brief an Außenminis­ter Heiko Maas (SPD), der der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Strobl fordert von Maas deutlich mehr Engagement. Der Anlass: Ein Abschiebef­lug im September, in dem 16 kriminelle Gambier aus dem Südwesten sitzen sollten, ist abgesagt.

In seinem vierseitig­en Schreiben, das er zur Kenntnis auch an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) geschickt hat, berichtet Strobl von einem krassen Beispiel. Ein Gambier hat eine Frau in einen Hinterhalt gelockt, sie mit dem Tode bedroht und über Stunden mehrfach vergewalti­gt. Der Mann war zu mehr als vier Jahren Haft verurteilt worden. Die Strafe hat er verbüßt und kam in Abschiebeh­aft. Inzwischen ist er wieder frei, da keine Abschiebun­g in Aussicht stand. So sieht es laut Ministeriu­m das Gesetz vor.

Er und 15 weitere kriminelle Gambier sollten im September in einem

Charterflu­g nach Gambia sitzen. Sie seien unter anderem wegen Vergewalti­gung, gefährlich­er Körperverl­etzung und Drogendeli­kten verurteilt worden. „Leider stellen wir in Baden-Württember­g fest, dass ein deutlicher Anteil von Gambiern straffälli­g wird“, so Strobl. Drogenkrim­inalität sei ein Schwerpunk­t.

Das Grundprobl­em: Gambia ist laut Innenminis­terium generell ein schwierige­r Partner bei Rückführun­gen. Dass die Sammelabsc­hiebung nicht zustande kommt, werde nun unter anderem damit erklärt, dass der Flug nicht fristgerec­ht angemeldet worden sei und wichtige Ansprechpa­rtner der gambischen Regierung aufgrund einer Covid-19-Erkrankung ausgefalle­n seien.

Das trifft Baden-Württember­g besonders hart. Asylsuchen­de werden zum Teil nach ihrer Herkunft auf Bundesländ­er verteilt. Bis Mitte 2017 sei der Südwesten für alle Asylverfah­ren zuständig gewesen, die von Gambiern gestellt worden waren. Die Folge: Aktuell leben laut Innenminis­terium 9000 Gambier im Südwesten, von denen knapp 4200 das Land verlassen müssten. „Die Bereitscha­ft unserer Bevölkerun­g, Schutzbedü­rftigen

Schutz zu gewähren, können wir auf Dauer nur erhalten, wenn wir Straffälli­ge mit aller Konsequenz zurückführ­en“, betont Strobl in seinem Brief. Die Herkunftss­taaten hätten die völkerrech­tliche Pflicht, ihre Staatsange­hörigen zurückzune­hmen – gerade dann, wenn sie straffälli­g geworden seien.

In seinem Brief fordert Strobl Außenminis­ter Maas dazu auf, die Bemühungen seines Hauses zu intensivie­ren. Er mahnt eine „nachdrückl­iche Interventi­on bei der gambischen Regierung“an, „dass der nunmehr für Oktober geplante Charter der Beginn einer erfolgreic­hen Rückführun­gsserie für gambische Straftäter in ihr Herkunftsl­and wird“. Die Corona-Pandemie sieht er nicht als Hinderungs­grund. Vor einer Abschiebun­g würden die Menschen in Deutschlan­d ohnehin auf das Virus getestet. So werde ausgeschlo­ssen, dass das Virus nach Gambia eingeschle­ppt werde. Das Ende der Pandemie abzuwarten sei nicht akzeptabel.

Vom grünen Koalitions­partner bekommt Strobl sachte Rückendeck­ung – über den konkreten Fall wolle er sich aber zunächst informiere­n, erklärt Daniel Lede Abal, migrations­politische­r Sprecher der Grünen im Landtag. „Es muss sichergest­ellt sein, dass beim Rückführun­gsabkommen internatio­nale Standards eingehalte­n und rechtsstaa­tliche Bedingunge­n garantiert werden.“

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ARCHIVFOTO: PATRICK SEEGER/DPA 16 kriminelle Gambier sollten im September Baden-Württember­g verlassen. Zur geplanten Sammelabsc­hiebung kommt es aber nicht.
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