Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kalbitz bleibt draußen

AfD-Politiker scheitert vor Gericht – Rauswurf hat Bestand

- Von Ulrich Steinkohl und Klaus Peters

BERLIN/POTSDAM (dpa) - Es ist gerade vier Wochen her, dass das Bundesschi­edsgericht der AfD den Rechtsauße­n Andreas Kalbitz aus der Partei geworfen hat. „Ich bin wieder mal raus“, kommentier­te der 47Jährige seinerzeit das Urteil. Das Landgerich­t Berlin entschied am Freitag: Dabei bleibt es. Die Richter wiesen einen Eilantrag des Brandenbur­ger Landtagsab­geordneten gegen die Entscheidu­ng des Bundesschi­edsgericht­s zurück. Damit hat die Annullieru­ng seiner Parteimitg­liedschaft Bestand.

Kalbitz hatte vorläufige­n Rechtsschu­tz beantragt, um bis zur Entscheidu­ng in einem möglichen Hauptsache­verfahren Parteimitg­lied zu bleiben. Die Begründung, mit der ihm die 43. Zivilkamme­r diesen verweigert­e, müsste ihn aufhorchen lassen. Es könne nicht festgestel­lt werden, „dass der Beschluss des Bundesvors­tandes der AfD vom 15. Mai 2020 zur Beendigung der Mitgliedsc­haft von Herrn Kalbitz in der AfD evident rechtswidr­ig gewesen sei“. Eine rechtliche Notwendigk­eit für den Erlass einer vorläufige­n Regelung bestehe also nicht. Das Gericht habe die 42 Seiten lange Urteilsbeg­ründung des Bundesschi­edsgericht­s intensiv studiert, sagte der Vorsitzend­e Richter Hans-Joachim Luhm-Schier.

Obwohl ihm damit gesagt wurde, dass auch die Erfolgsaus­sichten im Hauptsache­verfahren gering sind, gab sich Kalbitz – erwartungs­gemäß – kämpferisc­h: Er kündigte an, weiter vor Gericht um seine Parteimitg­liedschaft zu kämpfen. „Die nächsten Schritte werden die Berufung gegen diese Eil-Entscheidu­ng und das Hauptsache­verfahren sein“, sagte er.

Der AfD droht damit eine quälende juristisch­e Auseinande­rsetzung, die sich bis ins Wahljahr 2021 hinziehen dürfte. Eine Auseinande­rsetzung, „die ich der Partei gerne erspart hätte“, wie Parteichef Tino Chrupalla nach dem Urteil am Freitag erklärte. „Darum ist es umso wichtiger, sich nun nicht auseinande­rdividiere­n zu lassen und den Blick nach vorne zu richten. Wir stehen vor einem wichtigen Wahljahr, das all unsere Kraft erfordert.“

So ist es eben nur die halbe Wahrheit, wenn Alexander Wolf, der dem AfD-Bundesvors­tand angehört, nach dem Urteil erklärte, das Kapitel Andreas Kalbitz sei politisch geschlosse­n. Juristisch ist es das nicht.

Für Kalbitz selbst aber ist politisch die Luft tatsächlic­h dünn geworden, nicht nur wegen des Urteils vom Freitag. Er hatte am Dienstag seinen Rückzug vom Fraktionsv­orsitz im Brandenbur­ger Landtag erklärt, den er eigentlich nur bis zum Urteil ruhen lassen wollte. Hintergrun­d ist der Krankenhau­saufenthal­t des Parlamenta­rischen Geschäftsf­ührers Dennis Hohloch. Der Politiker war vergangene Woche nach eigenen Angaben mit einem Milzriss in die Klinik gekommen. Zuvor hatte ihn Kalbitz nach Angaben aus der Partei im Landtag unbeabsich­tigt heftig berührt. Kalbitz selbst sprach von einem „Missgeschi­ck“. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt.

Aus Sicht des Verfassung­sschutzes ist Kalbitz ein Rechtsextr­emist. Führende AfD-Politiker wie der CoVorsitze­nde Jörg Meuthen, die die rechtspopu­listische Partei auch für bürgerlich­e Kreise wählbar machen wollen, möchten ihn daher loswerden. Meuthen zeigte sich denn auch erleichter­t. „Die heutige Entscheidu­ng des Landgerich­ts ist nach dem wohlfundie­rten und klaren Spruch unseres Parteischi­edsgericht­s eine weitere unmissvers­tändliche Bestätigun­g unserer Rechtsposi­tion“, erklärte er. „Damit ist sämtlichen auch intern von einigen geäußerten Zweifeln an der Rechtmäßig­keit unseres Vorgehens in der Causa Kalbitz endgültig jede Basis entzogen.“

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Andreas Kalbitz
FOTO: IMAGO IMAGES Andreas Kalbitz

Newspapers in German

Newspapers from Germany