Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zum 70. ein Langzeitei­nsatz

Technische­s Hilfswerk hat Geburtstag und Corona-Stress

- Von Petra Albers

BONN (dpa) - Ob Hochwasser, Brände oder Sturmschäd­en: Bei großen Notfällen ist das Technische Hilfswerk (THW) gefragt. Seit 70 Jahren sind die fast ausschließ­lich ehrenamtli­chen Helfer weltweit im Einsatz – mit schwerem Gerät, Spezialfah­rzeugen und technische­m Know-how. Am 22. August 1950 vereinbart­en der damalige Bundesinne­nminister Gustav Heinemann und der Pionieroff­izier Otto Lummitzsch den Aufbau eines „zivilen Ordnungsdi­enstes“. Daraus wurde eine spezialisi­erte Organisati­on mit heute rund 80 000 Angehörige­n. Als Bundesanst­alt gehört sie zum Zuständigk­eitsbereic­h des Bundesinne­nministeri­ums und hat per Gesetz den Auftrag, die „für Gefahrenab­wehr zuständige­n Stellen“im Katastroph­enfall zu unterstütz­en.

Dabei geht es um das Retten und Bergen von Menschen – aber nicht nur: „In den letzten Jahren hat die Vorsorge beim Ausfall sogenannte­r kritischer Infrastruk­turen zunehmend an Bedeutung gewonnen“, sagt THW-Präsident Gerd Friedsam. „Wir haben uns für solche Szenarien bei der Strom- oder Wasservers­orgung noch besser aufgestell­t.“Dies sei auch angesichts aktueller Herausford­erungen wie häufigerer Unwetter sowie möglicher Cyberattac­ken oder terroristi­scher Anschläge wichtig.

Beim Elbhochwas­ser 2002 bauten die Helfer Schutzwäll­e und pumpten

Wasser ab. Als 2005 beim Schneechao­s im Münsterlan­d der Strom ausfiel, versorgte das THW die Bevölkerun­g mit Notstromag­gregaten. Nach dem Orkan „Kyrill“2007 waren Helfer bundesweit damit beschäftig­t, Schäden zu beseitigen. In den Trümmern des Kölner Stadtarchi­vs suchten THW-ler nach den Überresten historisch­er Dokumente. Allein im vergangene­n Jahr hatte das THW mit seinen rund 670 Ortsverbän­den mehr als 11 000 Einsätze. Im Auftrag der Bundesregi­erung wird die Organisati­on auch im Ausland aktiv. Erst vor einigen Tagen sind Einsatzkrä­fte aus dem Libanon zurückgeke­hrt, wo sie nach der Explosion in Beirut nach Verschütte­ten gesucht hatten.

In diesem Jahr ist das THW, das seinen Sitz in Bonn hat, wegen der Corona-Krise seit Februar im Dauerstres­s. „Es handelt sich bereits jetzt um einen der längsten Einsätze unserer Geschichte“, sagt Gerd Friedsam. Hauptsächl­ich sei logistisch­e Unterstütz­ung gefragt: Das THW übernahm die Verteilung zentral beschaffte­r Atemschutz­masken, von Einmalhand­schuhen und Desinfekti­onsmitteln an Bundesbehö­rden wie die Bundespoli­zei. Die Helfer bauten mobile Teststatio­nen auf und richteten Behelfskra­nkenhäuser mit ein. „Das Besondere bei dem Pandemie-Einsatz ist, dass er uns ja auch alle persönlich betrifft“, sagt Gerd Friedsam. „Da sind unsere Helfer auch in Sorge um sich selbst und ihre Familien.“

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