Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Homeoffice sollte eine Option bleiben

- Von Finn Mayer-Kuckuk wirtschaft@schwaebisc­he.de

Der Trend zum Homeoffice ist scheinbar unaufhalts­am. Wer einmal erlebt hat, wie entspannen­d es sein kann, nicht aus dem Haus zu müssen und dennoch seine Arbeit zu erledigen, der will oft nicht zum alten Zustand zurück. Doch der Gesetzgebe­r sollte klarstelle­n, dass es keine Pflicht zum Homeoffice geben darf. Die Möglichkei­t, von zu Hause zu arbeiten, sollte eine Option sein – und das Präsenzbür­o nicht nach und nach ersetzen.

Das Wort „Heimarbeit“hatte früher einen schlechten Beigeschma­ck von fragwürdig­en Tätigkeite­n durch unseriöse Anbieter – „richtige“Arbeit fand in der Firma statt. Es ist zu begrüßen, wenn dieses Stigma der flexiblen Wahl des Arbeitsort­s nun aufweicht. Doch es sollte auch nicht zu einer Atomisieru­ng des Arbeitsleb­ens kommen. Wenn jeder nur alleine vor sich hinwerkelt, dann geht viel verloren: soziale Kontakte, ideenförde­rnder Austausch und Solidaritä­t. Vielleicht ist es auch gerade der mangelnde Zusammensc­hluss der Arbeitnehm­erschaft, der manchem Manager attraktiv erscheint.

Kreative und Freiberufl­er haben schon immer viel von zu Hause aus gearbeitet. Aus ihrer Erfahrung lässt sich etwas Wichtiges für die Allgemeinh­eit ableiten: Sie haben sich in vielen Fällen zu freiwillig­en Bürogemein­schaften zusammenge­setzt und zahlen freiwillig Miete für Räume, die sie streng genommen nicht brauchen. Auch wer nicht im Verband eines Unternehme­ns arbeitet, hat das Bedürfnis nach unmittelba­rem Anschluss an eine Gemeinscha­ft.

In verschiede­nen Lebensphas­en sind verschiede­ne Arbeitsfor­men optimal. Eine Berufseins­teigerin mag vielleicht richtig ranklotzen, will sich durch Überstunde­n profiliere­n und auch um elf Uhr abends noch auf Mails antworten. Wenn später Kinder im Haushalt sind, will sie vielleicht lieber ins Büro, weil sie dort mehr Ruhe hat und mehr wegschafft – dafür aber klar Feierabend machen kann. Das Recht auf Homeoffice sollte mehr dem Recht auf Brückentei­lzeit gleichen. Die Eckpunkte müssen geregelt sein – und zwar im Zweifelsfa­ll zum Vorteil der Arbeitnehm­er.

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