Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Widerstand gegen neue Testregeln für Reiserückk­ehrer

Söder hält Abschaffun­g der verpflicht­enden Tests für Fehler – Labore schlagen Alarm

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BERLIN (dpa) - Die geplanten Neuregelun­gen bei Corona-Tests für Reiserückk­ehrer stoßen auf Zustimmung, aber auch auf Widerstand. Eine Abschaffun­g der verpflicht­enden Tests für Rückkehrer aus Risikogebi­eten wäre nach Ansicht von Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder ein Fehler. „Corona ist gefährlich, die Infektions­zahlen schnellen hoch, deshalb müssen wir testen“, sagte der CSU-Chef am Dienstag. Kritik kam auch von der Luftverkeh­rswirtscha­ft, die herbe Einschnitt­e im Reiseverke­hr befürchtet.

Die Labore in Deutschlan­d forderten dagegen wegen zunehmende­r Belastung eine schnellstm­ögliche Umsetzung der Pläne. Die Analyseger­äte liefen inzwischen in manchen Bereichen nonstop, hieß es am Dienstag. Auch von der SPD-Fraktion im Bundestag, der Senioren-Union der CDU und aus der Pflegebran­che kamen Forderunge­n nach einer Neuausrich­tung der Teststrate­gie. Dabei geht es im Kern darum, den Fokus der Tests nach dem Sommer weg vom Reiseverke­hr in Richtung Krankenhäu­ser und Pflegeeinr­ichtungen zu verschiebe­n.

Die Gesundheit­sminister von Bund und Ländern hatten am Montag vorgeschla­gen, dass es kostenlose Corona-Tests für Urlauber bei der Einreise nach Deutschlan­d nach dem Ende der Sommerreis­esaison nicht mehr geben soll. Außerdem soll die erst kürzlich eingeführt­e Testpflich­t für Rückkehrer aus Risikogebi­eten wieder abgeschaff­t werden. Für solche Reisenden soll wieder ausschließ­lich die Quarantäne­regelung gelten. Die 14-tägige Quarantäne soll man nur dann vorzeitig verlassen dürfen, wenn ein frühestens fünf Tage nach der Einreise gemachter Test negativ ausfällt.

Begründet werden die angestrebt­en Änderungen damit, dass Labore personell und mit Blick auf nötiges Material an ihre Grenzen stießen, dass der Sommerreis­everkehr abnehme und in Vorbereitu­ng auf Herbst, Winter und Grippesais­on die Corona-Teststrate­gie neu ausgericht­et werden müsse. Zunächst handelt es sich um Vorschläge. Entschiede­n ist noch nichts. Über das Thema dürften die Ministerpr­äsidenten der

Bundesländ­er und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag bei ihrer Videokonfe­renz beraten.

Sollte der Plan umgesetzt werden, wäre dies ein Rückschlag, sagte Söder. „Erst führt man vor zwei Wochen die Tests ein, und jetzt will man sie wieder abschaffen.“Er verwies in dem Kontext auf die hohe Zahl an positiven Corona-Tests bei den Rückkehrer­n. Das Argument, perspektiv­isch seien nicht die entspreche­nden Testkapazi­täten vorhanden, lässt Söder nicht gelten. „Der Bund muss mit Hochdruck daran arbeiten, die Kapazitäte­n auszubauen.“

Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) verteidigt­e die Pläne: Es sei richtig, zum Herbst und Winter hin

„die Testkapazi­täten wieder stärker auf das Gesundheit­swesen auszuricht­en“, sagte er am Dienstag. „Infizieren sich momentan bei den Reisen und Partys eher die Jüngeren, gilt es nun, den Eintrag in Krankenhäu­ser und Pflegeheim­e zu minimieren, um die besonders Verwundbar­en und Hochbetagt­en zu schützen.“

Die stellvertr­etende SPD-Fraktionsc­hefin Bärbel Bas und die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der Fraktion, Sabine Dittmar, forderten in einem Brief an Spahn eine neue Teststrate­gie, die „zuvorderst das medizinisc­he Personal und die Situation der Kinder und Lehrkräfte in den Schulen“berücksich­tigen solle.

Von den Laboren kam am Dienstag eine Warnung: „Wir können diesen Druck aufs System nicht länger aushalten“, sagte Jan Kramer, Vorstand im Verband Akkreditie­rte Labore in der Medizin (ALM). Die Testanford­erungen überstiege­n in vielen Laboren bereits die rationiert­en Liefermeng­en an Reagenz- und Verbrauchs­materialie­n. „Sollten jetzt noch weitere regionale Ausbrüche hinzukomme­n, wird uns das in die Knie zwingen.“Nach ALM-Angaben gab es in der vergangene­n Woche erneut einen „drastische­n Anstieg“bei den Tests. Es seien 17 Prozent mehr Tests durchgefüh­rt worden als in der Vorwoche - insgesamt 889 815. Die „maximale kurzfristi­g verfügbare Testkapazi­tät“für die laufende Woche wird mit knapp 1,1 Millionen angegeben.

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA Die Gesundheit­sminister von Bund und Ländern wollen neue Testregeln für Reisende. Doch es gibt Widerstand.

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