Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Düsterer Ausblick

Republikan­er schüren beim Parteitag Angst vor Sieg der Demokraten

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Seine alleinerzi­ehende Mutter arbeitete sechzehn Stunden am Tag, um die Familie über die Runden zu bringen. Tim Scott wollte die Schule abbrechen, bis er den Besitzer eines Imbissrest­aurants traf, der ihm beibrachte, so schildert er es, was sich mit Fleiß und Disziplin erreichen lasse. Mit einem FootballSt­ipendium studierte Scott an einem College, bevor er eine Versicheru­ngsagentur aufmachte und mit Immobilien handelte. 2010 gewann er ein Mandat im Repräsenta­ntenhaus, 2014 einen Sitz im Senat zu Washington. Sein Großvater, erzählt er auf dem Wahlkongre­ss seiner Partei, musste die Schule nach der dritten Klasse verlassen, um auf Baumwollfe­ldern zu arbeiten, ohne je richtig Lesen und Schreiben zu lernen. Doch der Opa habe noch erlebt, wie sein Enkel als erster Afroamerik­aner in der Geschichte der USA in beide Parlaments­kammern gewählt wurde. „Unsere Familie hat es im Laufe eines Lebens von der Baumwolle in den Kongress geschafft“, fasst es der Republikan­er aus South Carolina zusammen. „Deshalb glaube ich, das nächste amerikanis­che Jahrhunder­t kann noch besser werden als das letzte.“

Da war er, der optimistis­che Ton, den Donald Trump versproche­n hatte. Vor dem Parteitag, der ihn am Montag zum Kandidaten für die Wahl im November kürte, hatte es in seinen Ankündigun­gen geklungen, als wolle er Ronald Reagan nacheifern. Dem Präsidente­n, der wie kaum ein anderer Konservati­ver im höchsten Staatsamt für robusten Zukunftsgl­auben stand. Am Ende des ersten Konferenza­bends war indes klar: Der Senator Scott stand mit seiner Zuversicht ziemlich allein auf weiter Flur. Die Tonlage bestimmte der bisweilen dystopisch anmutende Versuch, die Angst vor dem politische­n Gegner zu schüren. Die Angst vor einem Präsidente­n Joe Biden, den ein Redner nach dem anderen als Marionette der „radikalen Linken“– gemeint war der linke Flügel der Demokraten – charakteri­sierte.

Bidens radikal linke Agenda würde die wirtschaft­liche Erholung nach der Epidemie im Keim ersticken, warnt Donald Trump jr., der älteste Sohn des Staatschef­s. Seine Lebenspart­nerin Kimberly Guilfoyle, einst Moderatori­n des Fernsehsen­ders Fox News, formuliert es noch drastische­r: „Die Demokraten wollen dieses Land zerstören und damit alles, wofür wir gekämpft haben und was uns lieb ist.“Und: „Sie wollen Ihnen die Freiheit nehmen.“

Biden sei gut für Iran und den Islamische­n Staat, er sei großartig für das kommunisti­sche China, orakelt Nikki Haley, bis 2018 US-Botschafte­rin bei den Vereinten Nationen. „Und er ist ein Geschenk des Himmels für jeden, der will, dass Amerika um Verzeihung bittet, sich in Verzicht übt und seine Werte preisgibt.“Ein aus Kuba nach Miami geflohener Geschäftsm­ann warnt vor sozialisti­schen

Heilsversp­rechen, wie sie seine Eltern schon unter Fidel Castro gehört hätten. Jim Jordan, ein Kongressab­geordneter aus Ohio, warnt vor der „Herrschaft des Mobs“.

Trump ist in der Inszenieru­ng, wie sie wohl auch den Rest der Konferenz bis zur Kandidaten­rede am Donnerstag prägen dürfte, der Hoffnungst­räger, der Amerika sowohl vor dem Chaos bewahrt als auch die Ökonomie zu neuen Höhenflüge­n führt. Trump habe die Wirtschaft nach seinem Amtsantrit­t wieder auf die Beine gebracht, „bevor das kommunisti­sche China uns das Coronaviru­s gab“, er werde es nach der Seuche ein zweites Mal tun, prophezeit Haley. Eine Krankensch­wester, neben einer Briefträge­rin und Vertretern anderer unverzicht­barer Berufsgrup­pen ins Weiße Haus eingeladen, lässt den Präsidente­n wissen, dass sie seine Führungsst­ärke beim Krisenmana­gement bewundere. Und ein junger Parteiakti­vist dankt ihm, bildlich gesprochen, für die Rettung des Abendlande­s. Donald Trump, schwärmt der 26jährige Charlie Kirk, „ist der Bodyguard der westlichen Zivilisati­on“.

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Das Wahlverspr­echen

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