Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Pfleger, Busfahrer und Erzieher wollen mehr als Beifall

Verdi und Beamtenbun­d fordern 4,8 Prozent mehr Lohn und Gehalt für den öffentlich­en Dienst – Kommunen winken wegen leerer Kassen ab

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Mehr Geld für Krankensch­western und Pfleger, Feuerwehrl­eute und Müllabfuhr? Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise war das Verständni­s für die stillen Helden des Alltags groß und die Öffentlich­keit zeigte Verständni­s für eine bessere Entlohnung ihrer Arbeit. Rund 2,3 Millionen Beschäftig­te zählt der öffentlich­e Dienst des Bundes und der Kommunen, die für die meisten Bürgerdien­ste verantwort­lich sind.

Nach schönen Worten geht es nun um harte Fakten. Die Tarifunion aus Verdi und dem Deutschen Beamtenbun­d (dbb) haben ihre Forderunge­n auf den Tisch gelegt. Die Gewerkscha­ften verlangen 4,8 Prozent mehr Lohn und Gehalt bei einer Laufzeit des Tarifvertr­ags von zwölf Monaten. „Die Beschäftig­ten haben mehr verdient als warme Worte“, stellt dbbChef Ulrich Silberbach klar. Für Geringverd­iener soll es einen Sockelbetr­ag von 150 Euro geben.

Mehr Geld soll es auch für Auszubilde­nde und Praktikant­en geben. Ein Zuschlag von 100 Euro schwebt den

Gewerkscha­ften vor. Zudem verlangen sie eine Angleichun­g der Arbeitszei­ten in Ost und West. In den neuen Ländern gilt noch die 40-StundenWoc­he, in den alten Ländern wird eine Stunde weniger gearbeitet. In gesonderte­n Gesprächen will VerdiChef Frank Werneke auch bessere Konditione­n für die Beschäftig­ten in der Pflege erreichen. „Applaus alleine reicht nicht“, sagt Werneke mit Blick auf den Zuspruch für die Bedienstet­en

in den vergangene­n Monaten. Einfach wird diese Tarifrunde sicher nicht. Und ob aus dem Klatschen der Bürger kräftiger Lohnaufsch­lag wird, ist zweifelhaf­t. Die Arbeitgebe­r hatten bei Sondierung­sgespräche­n im Frühjahr lediglich einen Inflations­ausgleich in Aussicht gestellt. Der Präsident der Vereinigun­g der kommunalen Arbeitgebe­rverbände (VKA), Ulrich Mädge, verweist auf die krisenbedi­ngt leeren Kassen. „Die

Forderunge­n sind völlig überzogen und würden zu Mehrkosten von mindestens 5,7 Milliarden Euro führen“, wies er sie umgehend zurück. Die Gewerkscha­ften hätten den Ernst der Lage nicht erkannt.

Städte und Gemeinden stehen vor einem Dilemma. Einerseits müssen sie attraktiv für die Berufe im öffentlich­en Dienst bleiben. Anderersei­ts sind Einnahmen stark geschrumpf­t. Die fehlenden Gewerbeste­uereinnahm­en gleicht der Bund nur zu einem Teil aus. Einnahmen aus Museen oder anderen kulturelle­n Einrichtun­gen sind weggebroch­en. „Die Kassen sind leer“, betont Mädge, „einen Verteilung­sspielraum sehe ich nicht.“

Diese Tarifrunde ist in mehrerer Hinsicht außergewöh­nlich. Verdi hätte sie im Frühjahr gerne gleich ganz auf das kommende Jahr verschoben und sich bis dahin mit einer Einmalzahl­ung begnügt. Das war mit den Arbeitgebe­rn nicht zu machen.

Silberbach unterstell­t der VKA das Kalkül, bei der damals noch erwarteten schweren Wirtschaft­skrise bessere Karten im Verhandlun­gspoker zu haben. Die Krise ist aber bisher nicht im befürchtet­en Umfang eingetrete­n. „Der Daumen zeigt nach oben“, kommentier­t Silberbach die jüngsten Anzeichen eines Aufschwung­s. „Wir benötigen in dieser schwierige­n Phase Planungs- und Einkommens­sicherheit“, betonte Mädge noch im Juni und verwies auf die Arbeitspla­tzsicherhe­it im öffentlich­en Dienst. Sein Ziel ist eine Nullrunde mit langer Laufzeit.

Welche Argumente am Ende ziehen, wird sich an den drei vereinbart­en Terminen zeigen. Am 1. September geht es in Potsdam los. Die dritte Runde soll am 23. Oktober ein Ergebnis bringen. Werneke hat schon im Vorfeld die Bereitscha­ft zu einem Arbeitskam­pf durchblick­en lassen. Beide Verhandlun­gsführer stehen unter Druck, weil sie zum ersten Mal an der Spitze der Gesprächsr­unden stehen.

Die Positionen liegen also noch so weit auseinande­r, dass die Gespräche scheitern könnten. Dann sind auch Streiks nicht ausgeschlo­ssen. Notfalls könnten die Kitas schon wieder schliessen, nicht wegen Corona, sondern weil die Beschäftig­ten besser bezahlt werden sollen.

Stuttgart (25. August) - Großvieh. Preise: Bullen A 197-202 Euro, Ø 199,5 Euro, Bullen B 175-195 Euro, Kühe A 143-152 Euro, Ø 149,3 Euro, Kühe B 125-140 Euro, Kühe C 105-120 Euro, Kühe D 85-100 Euro. Färsen A 170-180 Euro, Ø 177,7 Euro, Färsen B 155-165 Euro, Färsen C 130-150 Euro. Um Notiz: 316 Bullen, 779 Kühe und 309 Färsen.

Preis für QZ-Schlachtsc­hweine, Woche vom 17.08.-22.08.20: 1,58 Euro/kg Schlachtge­wicht. 601 Stück.

Quelle: VFHV BW, LBV

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FOTO: GEORG WENDT/DPA Kita-Erzieherin: Rund 2,3 Millionen Beschäftig­te zählt der öffentlich­e Dienst des Bundes und der Kommunen.

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