Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Angeklagt wegen 291 Missbrauchstaten
WIESBADEN (dpa) - Als Patrick F. am Dienstagmorgen den Saal des Landgerichts Wiesbaden betritt, hält er sich einen braunen Briefumschlag vor das Gesicht. Der Mann, der mutmaßlich jahrelang in den dunkelsten Winkeln des Internets unterwegs war, will sein Gesicht nicht in den Medien wiederfinden. Was genau der 39-Jährige getan haben soll, erfährt die Öffentlichkeit indes nur teilweise.
Denn der Prozess gegen diesen Verdächtigen im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach findet auf Antrag der Nebenklage-Vertreterinnen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – zum Schutz der Opfer. Die Staatsanwältin schließt sich den Anträgen an. Zu groß sei die Gefahr, dass sich eine Veröffentlichung negativ auf die weitere Entwicklung der Kinder auswirken könnte, fasst die Vorsitzende Richterin Annette Honnef zusammen. So wird ein Teil der Anklage verlesen – dann verlassen Journalisten und Publikum den Raum.
Insgesamt werden dem Mann aus dem Rheingau-Taunus-Kreis 291 Taten zwischen Januar 2014 und Oktober 2019 vorgeworfen. Die Anklage lautet unter anderem auf schweren sexuellen Missbrauch sowie Verbreitung von Kinderpornografie. In 50 Fällen soll er sexuelle Handlungen an einem Kind vorgenommen oder vornehmen lassen haben, verliest Staatsanwältin Andrea Güde. Sie wirft dem 39-Jährigen unter anderem vor, seine beiden leiblichen Kinder, darunter einen Säugling, und ein Stiefkind sowie eine Freundin der Kinder sexuell missbraucht und Bilder der Taten über Chatgruppen verschickt zu haben. Sie spricht von mehr als 4100 Dateien, die sich der Angeklagte verschafft und weitergegeben, aber auch selbst erstellt haben soll. Seit Oktober 2019 sitzt er in Untersuchungshaft.