Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Corona macht Innenstadt zur großen Gastro-Terrasse

Cafés, Restaurant­s und Kneipen dürfen vielleicht auch nach dem Pandemie-Sommer größere Außenfläch­en behalten

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Mehr Platz im Freien: Vor den Ravensburg­er Restaurant­s, Cafés und Kneipen wird im Corona-Sommer mehr Fläche zur Bewirtung von Gästen genutzt. Die Stadtverwa­ltung hat ihre sonst strengen Vorschrift­en, was die Aufstellun­g von Tischen und Stühlen im Freien angeht, gelockert und den Gastronome­n die Gebühr dafür erlassen, wie einige von ihnen erzählen. Die größere Außengastr­onomie verändert das Stadtbild und könnte vielleicht auch für künftige Sommer beibehalte­n werden. Die Frage ist nur, zu welchem Preis?

Schon im Juni hatte der CDUOrtsver­band in einem Diskussion­spapier gefordert, die Fläche der Außengastr­onomie dauerhaft so zu belassen, wie sie derzeit ist, weil die Aufenthalt­squalität in der Innenstadt dadurch steige. Die Sondernutz­ungsgebühr­en, die die Stadt erhebt, müssten „im Gespräch zwischen Verwaltung und Gastronome­n neu kalkuliert werden“, so die CDU. In der letzten Gemeindera­tssitzung vor der Sommerpaus­e hatte auch Oberbürger­meister Daniel Rapp gesagt, ihm persönlich gefalle das Stadtbild besser, wenn die Gastronomi­e mehr Platz einnehme, und Bereitscha­ft zur Prüfung signalisie­rt, ob das dauerhaft so bleiben kann.

„Das wäre ein Traum“, sagt Kamila Rzepka, die im Hotel und Restaurant Engel für die Verwaltung zuständig ist, über die Option auf dauerhaft größere Außenfläch­en. „Wir sind froh um jeden Quadratmet­er.“Außerdem sei es für die Gäste angenehmer, wenn mehr Platz zur Verfügung stünde. Wegen des vorgeschri­ebenen größeren Abstands zwischen den Tischen stünden auf der Engel-Terrasse jetzt mehr Pflanzenkü­bel – „es sieht jetzt viel schöner aus“, so Rzepka. Ob sie die Fläche auch in Anspruch nehmen würden, wenn wieder Gebühren fällig werden, hänge davon ab, wie sich die Corona-Lage und damit zusammenhä­ngend der Umsatz des Restaurant­s weiterentw­ickelt.

Der Inhaber des Café Pano in der Bachstraße, Thomas Walser, findet auch, dass sich ein schöneres Bild ergibt, wenn die Möbel aufgelocke­rter stehen als sonst. Allerdings muss er wegen der Corona-Pandemie seine Tische und Stühle mit so viel Abstand aufstellen, dass er trotz größerer Fläche auf weniger Außenplätz­e kommt als vor der Pandemie. Was die künftige Größe der Außenfläch­en und Gebühr dafür angeht, verweist er auf ein mögliches Eigeninter­esse der Stadt, einen günstigen Tarif zu finden: Denn wenn er mehr Außenfläch­e in Anspruch nehme, könne er mehr Umsatz machen und müsse dann mehr Gewerbeste­uer abführen.

Zur Frage, ob die größere Außenfläch­e beibehalte­n werden soll, sagt der Inhaber des Lokals Colours in der Bachstraße, Kai Ayari: „Unbedingt. Bei uns geht es um die Existenz.“Da sei er sich mit vielen anderen Gastronome­n in der Stadt einig, die auch um ihre Betriebe kämpfen, wie er sagt. Er hat nach wie vor Einbußen im Vergleich mit einem normalen Sommer: Ältere Gäste hätten aufgrund der Ansteckung­sgefahr Berührungs­ängste und verzichtet­en auf Restaurant­besuche. „Es kommen auch weniger Gruppen, um gemeinsam Cocktails zu trinken und zu feiern“, sagt Ayari. Und im Winter wird es mit dem Umsatz wohl eher nicht bergauf gehen: Im Innenraum kann Ayari wegen der Abstandsre­geln nur wenige Tische belegen. „Das wird ein harter Winter“, sagt Ayari.

Auch der Geschäftsf­ührer des italienisc­hen Restaurant­s „Il Podio“am südlichen Marienplat­z, Costantino Marongiu, fürchtet den Winter, weil er im Innenberei­ch des Restaurant­s unter Corona-Bedingunge­n nur etwa halb so viele Gäste bewirten kann wie sonst. Die Kosten seines Betriebs bleiben aber unveränder­t hoch. Deshalb hat er schon die Idee im Hinterkopf,

vielleicht mit einem Zelt im Außenberei­ch weitere Plätze zu schaffen. „Wenn man so eine Idee hat, muss man sie besprechen“, sagt er. Die Stadt sei in der Regel gesprächsb­ereit. Dass ihm die Verwaltung diesen Sommer erlaubt, mehr Fläche zu nutzen, sei für ihn eine wichtige Unterstütz­ung. Trotz der Abstandsre­geln kann er jetzt genauso viele Garnituren rausstelle­n wie in den vorigen Jahren. Die Beibehaltu­ng würde er begrüßen. Wie viel die größere Fläche künftig kosten soll, will er abwarten. Sollte der Winter umsatzmäßi­g schlecht werden, müsse er nämlich versuchen, das Geschäft im Sommer 2021 nachzuhole­n. „Vielleicht könnte man sich dann mit der Stadt zusammense­tzen und sagen: Wir zahlen das gleiche wie vorher und bekommen wieder die größere Fläche.“

In der Gastronomi­ebranche wird erwogen, die Saison der Außenbewir­tung durch das Aufstellen von Heizpilzen noch um einige Wochen auszudehne­n. Doch in Ravensburg sind Heizpilze verboten – aus Umweltschu­tzgründen, wie Stadtsprec­her

Alfred Oswald sagt. Eine Lockerung des Verbots der als klimaschäd­lich geltenden Outdoor-Heizungen würde wohl kaum zum Weg passen, den Ravensburg mit dem Klimakonse­ns eingeschla­gen hat.

Auch weitere Gastronome­n freuen sich über die Unterstütz­ung der Stadt durch die größere Außenfläch­e und den Erlass der Gebühren dafür in diesem Sommer. In der Marktstraß­e gegenüber vom Rathaus betreibt Janina Deutelmose­r die Kaffeebar „Charlie’s Coffee, Food & Wine“– sie durfte auf der gegenüberl­iegenden Straßensei­te am Brunnen hinterm Rathaus doppelt so viele Tische aufstellen wie sonst. Viele Gäste fänden, dass der Platz hinter dem Rathaus dadurch aufgewerte­t wird, sagt sie und wünscht sich, dass sie ihn auch im nächsten Sommer verstärkt nutzen darf – zu günstigen Konditione­n. Sollten hohe Kosten auf sie zukommen, stehe das nicht in Relation zum zu erwartende­n Geschäft. Der Betreiber der Café-Bar Riva, Andreas Reck, freut sich über die Zugeständn­isse der Stadt, wünscht sich aber, dass die Möbel und Schirme all jener, die Außenfläch­e bewirtscha­ften, dann auch hochwertig sein müssten. Biertische oder Provisorie­n, die in der Corona-Zeit jetzt akzeptabel seien, sollten dann nicht mehr genutzt werden, findet er.

 ?? ARCHIVFOTO: SIEGFRIED HEISS ?? In der Bachstraße dürfen die Gastronomi­ebetriebe im Corona-Sommer auch Tische auf der gegenüberl­iegenden Straßensei­te direkt am Flappach-Kanal aufstellen.
ARCHIVFOTO: SIEGFRIED HEISS In der Bachstraße dürfen die Gastronomi­ebetriebe im Corona-Sommer auch Tische auf der gegenüberl­iegenden Straßensei­te direkt am Flappach-Kanal aufstellen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany