Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Weitblick auf dem Witthoh
Mit verschiedenen Aus-, Einund Weitblicken wartet mein Lieblingsplatz auf: die Kapelle St. Johannes und Jakobus auf dem Witthoh, einem viel besuchten Höhenzug der Hegaualb, zwischen Immendingen-Hattingen und Emmingen im südlichen Landkreis Tuttlingen gelegen. Bei guter Fernsicht eröffnet sich der Ausblick über den Hegau, den Bodensee und Oberschwaben bis zur Alpenkette. Weitblick bewies der vormalige Chef des Tuttlinger Medizintechnik-Herstellers Aesculap, Michael Ungethüm, als er 2003 den Architekten Günter Hermann mit dem Bau einer Kapelle dort beauftragte. Weit- und Ausblick können als schöpfungstheologisches Bild und Zeichen interpretiert werden. Tiefes Anliegen war Ungethüm, von Herkunft evangelisch, der Region und allen Besuchenden mit der Kapelle einen Ort der Ruhe, Besinnung und Konzentration auf das Wesentliche zu schenken. Inmitten landwirtschaftlich genutzter Wiesen und Felder ist sie für Sammlung, Andacht und Stille dem vorbeiziehenden Wanderer zugänglich oder für kleine Feldgottesdienste nutzbar.
Selbst Ministerpräsident Winfried Kretschmann kennt das mit einem renommierten Architekturpreis gekrönte Bauwerk aus gemeinsamen Wanderungen mit seiner Frau: Von dort könne man den Blick und die
Sinne schweifen lassen: „Von wo bekommt man einen besseren Weitblick als auf dem Witthoh?“
Wohl niemand hat die Kapelle besser beschrieben als der Schriftsteller Arnold Stadler: „Da stand sie ,jung und morgenschön’, die Johannes-und-Jakobus-Kapelle, droben auf dem Witthoh. Fast in Akropolislage. (mö)