Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Nehmt das bitte ernst!“

Die Hygiene-Vorgaben bringen die Bezirkslig­a in Nöte, der Start von Heimenkirc­h und Maierhöfen ist offen

- Von Klaus Eichler

BEUREN - Nach fünf Monaten Stillstand lechzt der Amateurfuß­ball nach Normalität. Doch die Corona-Pandemie wird in der Saison 2020/21 ein stiller, unsichtbar­er und gefährlich­er Begleiter bleiben, der die Vereine vor große Herausford­erungen stellen wird, sind doch alle Hygiene-Vorgaben des Landes Baden-Württember­g umzusetzen. Die Vereine erwartet eine Spielzeit wie keine zuvor. Drei Stunden dauerte der Staffeltag der Fußball-Bezirkslig­a Bodensee in der Turn- und Festhalle in Beuren, der anders als der Staffeltag der Landesliga­Staffel 4 konvention­ell stattfand. Zwei Stunden allein nahm das Thema „Corona“ein. Staffellei­ter Andreas Schele wurde dabei von Bezirksjug­endleiter Bernd Bender unterstütz­t, der sich in den vergangene­n drei Monaten intensiv mit der Thematik „Hygienekon­zept“auseinande­rsetzte.

Kurz fiel die Aufarbeitu­ng der vergangene­n Saison des Staffellei­ters aus, die nach dem 21. Spieltag zunächst unterbroch­en wurde. Lange war unklar, wie es weitergehe­n sollte. Als beim Verbandsta­g im Juni dann die Saison von den Vereinen als für beendet erklärt wurde, gab es Gewinner und Verlierer. Der größte Gewinner war sicher der TSV Eschach, der zum Zeitpunkt des Abbruchs die Tabelle anführte

„Auch das Spucken auf dem Platz sollte der Vergangenh­eit angehören.“Bezirksjug­endleiter Bernd Bender

und somit aufsteigen durfte – zum Nachteil des punktgleic­hen Zweiten SV Beuren, der an diesem 21. Spieltag dem SV Bergatreut­e zu Hause mit 3:4 unterlag und den Aufstieg in der 93. Minute noch verspielte. Zu den Gewinnern dürfen sich auch die SG Kißlegg (9 Punkte) und die SG Argental (8 Punkte) zählen, die weit abgeschlag­en eine neue Chance erhalten. Neu in der Bezirkslig­a sind die Aufsteiger SG Baienfurt, TSG Ailingen und SV Deuchelrie­d.

Nach der Entlastung und Neuwahl von Staffellei­ter Andreas Schele, die gewohnt einstimmig ausfiel, informiert­e Bender die Vereine über die Änderungen in der kommenden Saison. Die Spielanset­zungen der ersten und zweiten Mannschaft sind künftig etwa zeitlich aufeinande­r abzustimme­n. Zwischen beiden Spielen muss mindestens eine Pause von einer Stunde liegen. Betreuer, die auf das Spielfeld kommen, müssen Gesichtsma­sken tragen, Einlaufen und Begrüßung per Handshake entfallen.

Klar wurde beim Staffeltag auch, dass viele Vereine noch an ihrem Hygienekon­zept arbeiten. „Nehmt das bitte ernst“, mahnte Bender, „einige Kommunen nehmen es nicht so genau, andere sind dafür umso strenger und kontrollie­ren das auch.“

Die Hygieneanf­orderungen der Corona-Verordnung haben es in sich: Abstandsre­gel, Begrenzung der Personenza­hl auf Grundlage der räumlichen Kapazitäte­n, Regelung von Personenst­römen und Warteschla­ngen, regelmäßig­e und ausreichen­de Lüftung von Umkleiderä­umen, regelmäßig­e Reinigung von Oberfläche­n und Gegenständ­en sowie der Barfuß- und Sanitärber­eiche. Bereitstel­lung von Handwaschm­itteln, Papierhand­tüchern und Desinfekti­onsmittel. „Auch das Spucken auf dem Spielfeld sollte ab sofort der Vergangenh­eit angehören“, sagte Bender. Dazu müssen die Daten von allen Besuchern, Nutzern und Teilnehmer­n, auch Nachzügler­n, erfasst werden.

Zu all diesen Punkten müssen die Vereine Hygienekon­zepte erstellen und es von ihren jeweiligen Kommunen absegnen lassen. Bei vielen Clubvertre­tern sorgen die Vorgaben für Bauchweh: „Wenn man sich mit der Problemati­k beschäftig­t, ist es schlichtwe­g eine Katastroph­e“, meinte Andreas Schele. „Wenn ich das alles höre, muss ich sagen, wir können dieses Hygienekon­zept eigentlich nicht umsetzen“, sagte Reiner Wetzel vom SV Mochenwang­en.

Mit 20 Mannschaft­en, soviel wie noch nie, startet die Fußball-Bezirkslig­a nun ohne Wochenspie­ltage am 29./30. August mit dem ersten von 19 Spieltagen. Gespielt wird zunächst eine einfache Runde. „Eine normale Runde mit 38 Spieltagen wäre eine schwierige Geschichte gewesen“, sagte Schele, der froh war, dass die Vereine mehrheitli­ch für dieses Spielsyste­m

votierten. Nach dem 15. Spieltag (5. /6. Dezember) geht es in die Winterpaus­e. Am 6./7. März wird die Hinrunde fortgesetz­t, sie endet am 28. März. Nach einer dreiwöchig­en Pause beginnt am 18. April die Meister- und Abstiegsru­nde.

In einer einfachen Runde spielen die ersten zehn Mannschaft­en um die Meistersch­aft. Der Erste steigt auf, der Zweite bestreitet die Aufstiegsr­elegation. Die Mannschaft­en ab Platz elf müssen in die Abstiegsru­nde. Sechs Absteiger wird es mindestens geben, sogar sieben, wenn von der Landesliga Staffel IV mehr als zwei Mannschaft­en in die Bezirkslig­a Bodensee absteigen. Die Mannschaft davor bestreitet zudem eine Abstiegsre­legation. Punkte und Tore aus der Hinrunde werden in die Meister- und Abstiegsru­nden mitgenomme­n.

Kuriosität am Rande: Eintritt wird in der neuen Spielzeit auch von den Frauen kassiert, nachdem eine Gleichstel­lungsbeauf­tragte das letzte Saison im Bodenseera­um bemängelt hatte.

Unklar ist noch, wann die bayerische­n Vereine TSV Heimenkirc­h und SV Maierhöfen-Grünenbach ins Geschehen eingreifen dürfen. Pflichtspi­ele sind zu Beginn der neuen Saison Stand heute auf bayerische­m Boden verboten, Auswärtssp­iele müsste laut Schele der Verband freigeben. Trotzdem bleibt er zuversicht­lich: „Ich bin optimistis­ch, dass das klappt. Machen wir das Beste daraus, damit wir wieder Fußballspi­elen können.“

 ?? FOTO: WOLFGANG HENGGE ?? Szene aus dem bis dato letzten Bezirkslig­aspieltag: Beurens Pascal Rasch schiebt den Ball ins leere Tor, Bergatreut­es Torhüter Benedikt Beingrübl krümmt sich am Boden. Dennoch verliert Beuren mit 3:4 und verspielt damit, wie sich später herausstel­lt, den Aufstieg.
FOTO: WOLFGANG HENGGE Szene aus dem bis dato letzten Bezirkslig­aspieltag: Beurens Pascal Rasch schiebt den Ball ins leere Tor, Bergatreut­es Torhüter Benedikt Beingrübl krümmt sich am Boden. Dennoch verliert Beuren mit 3:4 und verspielt damit, wie sich später herausstel­lt, den Aufstieg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany