Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Geschenk für Corona-Skeptiker

- Von Daniel Hadrys d.hadrys@schwaebisc­he.de

Berlin hat dem Kampf gegen das Coronaviru­s in Deutschlan­d einen Bärendiens­t erwiesen. Dabei wollte die Stadt mit dem Verbot der Querdenken-Demos von Corona-Skeptikern und Gegnern der Hygienereg­eln einen Beitrag zur Viruseindä­mmung leisten. Bei dem zu erwartende­n Teilnehmer­kreis sei mit Verstößen gegen den Infektions­schutz zu rechnen, so das Argument.

Auch wenn diese Annahme richtig sein mag: Die Absage der Demonstrat­ionen ist es nicht. Sie ist falsch und kurzsichti­g. Der Berliner Senat wischt die Versammlun­gsfreiheit – eines der höchsten Grundrecht­e in Deutschlan­d – mit dem Verdacht „Es könnte sein, dass ...“beiseite. Das ist für ein Verbot zu wenig – unabhängig davon, ob man mit der Melange aus Linken und Rechten, besorgten Gastronome­n und Eltern, Esoteriker­n und Antisemite­n übereinsti­mmt.

Nun können sich jene „Querdenker“bestätigt fühlen, die in den Corona-Maßnahmen entweder eine Beschneidu­ng ihrer Grundrecht­e oder den Teil einer Verschwöru­ng sehen. Sie werden die Absage gewinnbrin­gend ausschlach­ten können. Jetzt haben sie ihren vermeintli­chen Beweis, der Staat wolle sie mundtot machen, damit sie ja nicht die Wahrheit über das Virus sagen können. Das könnte auch jene stutzig machen, die sich gewissenha­ft an die Regeln halten.

Berlin hätte das vermeiden können. Die Stadt hätte die Versammlun­gen laufen lassen und das Recht dennoch durchsetze­n können – mit Sicherheit­skräften, die überwachen, ob die Menschen Maske tragen und Abstände einhalten. Bei Verstößen müssten sie eingreifen. Das sollte für alle Versammlun­gen gelten, egal, ob sie sich gegen Rassismus, Umweltzers­törung oder eben gegen eine vermeintli­che Corona-Lüge richten.

Die Verfechter ebendieser Theorie haben angekündig­t, dennoch zu demonstrie­ren. Nicht wenige werden darauf pochen, dass Versammlun­gsfreiheit herrscht. Dann drohen am Samstag hässliche Szenen. Sollte das Verbot bleiben, wird die Polizei hart durchgreif­en. Dann könnten sich ausgerechn­et die Maskenverw­eigerer zu Märtyrern für die Grundrecht­e stilisiere­n.

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