Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Erst Lackierer, dann „Sprechgesa­ngskünstle­r“

Rapper Bushido berichtet im Prozess gegen Clanchef von seinem Werdegang

- Von Jutta Schütz und Anne Baum

BERLIN (dpa) - Rapper Bushido kann gar nicht aufhören zu reden, mehr als eine Stunde berichtet er im Hochsicher­heitssaal 500 des Berliner Landgerich­ts über die Anfänge seiner Musikkarri­ere, seinen „Geschäftss­inn“, den Aufstieg nach abgebroche­ner Schule und einer Maler- und Lackierera­usbildung. Er habe immer den Überblick gehabt, sei sehr umtriebig gewesen und habe die Geschäfte selbst in die Hand genommen, trägt der 41-Jährige am Mittwoch vor. Arafat A.-Ch., dieses Mal im rosa Shirt mit Micky Maus, fixiert von der Anklageban­k aus seinen Ex-Geschäftsp­artner.

Bushido, im schwarzen Shirt, muskulös und tätowiert, ist in dem Prozess gegen den 44-jährigen A.Ch. und drei von dessen Brüdern Nebenkläge­r. Es geht um Straftaten zum Nachteil des Rappers – versuchte schwere räuberisch­e Erpressung, Nötigung, Freiheitsb­eraubung, gefährlich­e Körperverl­etzung, Beleidigun­g und Untreue.

Die ersten Kassetten habe er in seinem Berliner Kinderzimm­er in den 90er-Jahren aufgenomme­n, ein Mikrofon habe er mit Wischmopp und Joghurtbec­her improvisie­rt, schildert Bushido. Seine Mutter habe dann für die technische Ausstattun­g einen Kredit aufgenomme­n, lässt der 41-Jährige wissen. Der interessie­rte Vorsitzend­e Richter unterbrich­t nur selten für Nachfragen.

So erinnert sich Bushido weiter. Als er dann später in einem Monat bis zu 1000 Kassetten verkauft habe, habe er sich „unfassbar reich“gefühlt. „Ich wollte unbedingt dazugehöre­n.“Dies sei sein Traum gewesen. Steuerlich sei er aber nicht so bewandert gewesen. Einen großen Teil des Geldes habe er damals seiner Mutter gegeben. Bushido sieht sich als „absoluten Nerd in Sachen Hip-Hop, Breakdance und Graffiti“. Der „Sprechgesa­ngskünstle­r“– so bezeichnet ihn die Staatsanwa­ltschaft – ist ständig von Personensc­hützern umgeben. Männer mit Sturmhaube­n und schusssich­eren Westen bringen Bushido auch am dritten Prozesstag in den Gerichtssa­al. Er und seine Frau hatten bei der Polizei gegen den Clan ausgesagt.

Laut Anklage soll es zu Straftaten gekommen sein, nachdem Bushido 2017 die geschäftli­chen Beziehunge­n zu Arafat A.-Ch. aufgelöst habe. Dieser

habe das nicht akzeptiere­n wollen und von Bushido unberechti­gt eine Millionenz­ahlung sowie die Beteiligun­g an dessen Musikgesch­äften für 15 Jahre gefordert.

Der Rapper sei im Dezember 2017 und Januar 2018 bedroht, beschimpft eingesperr­t und mit einer Wasserflas­che sowie einem Stuhl attackiert worden. Die Brüder im Alter von 39, 42 und 49 sind als Gehilfen oder Mittäter angeklagt. Nur der 39-Jährige sitzt in U-Haft. Die Männer schweigen zu den Vorwürfen.

Bushido sagt, als er seinen ersten Vertrag bei dem neugegründ­eten Label Aggro um die Jahrtausen­dwende unterschri­eb, habe er das als „Riesenehre“empfunden. Sie seien so „unfassbar erfolgreic­h, so authentisc­h“gewesen. Doch dann sei es zum Streit um die Rechte gekommen. Er habe aus dem Vertrag aussteigen wollen, als Gegenleist­ung seien Forderunge­n von mehreren Hunderttau­send Euro gekommen.

„Und dann ging es damit weiter, worüber Sie heute nicht sprechen wollen“, sagt Bushido zum Vorsitzend­en Richter und schließt seinen Exkurs. Gemeint sind offensicht­lich die früheren Beziehunge­n zum Angeklagte­n Arafat A.-Ch., die vorerst kein Thema im Gerichtssa­al waren. Am Montag geht es weiter mit der Befragung von Bushido.

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FOTO: STR/AFP Einen großen Teil des Geldes habe er damals seiner Mutter gegeben, sagte Bushido vor Gericht.

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