Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Debatte über Bannmeile um den Reichstag

Schutz des Parlaments soll verbessert werden – Steinmeier dankt der Polizei

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BERLIN (dpa/AFP/KNA/sz) - Nach dem Vordringen zahlreiche­r rechtsgeri­chteter Demonstran­ten auf die Treppen des Reichtagsg­ebäudes, ist eine Debatte über den – zumindest am Samstag während der CoronaProt­este – unzureiche­nden Schutz des Parlaments und die Polizeitak­tik bei der Demonstrat­ion entbrannt. Die Koalitions­fraktionen im Bundestag bemühen sich in Abstimmung mit Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) um einen Termin für eine Sitzung des Ältestenra­ts noch in dieser Woche, um über das Thema zu sprechen.

Mehrere Politiker sowie Felix Klein, der Antisemiti­smusbeauft­ragte der Bundesregi­erung, forderten derweil einen strikteren Schutz durch Bannmeilen auch außerhalb der Sitzungsze­it des Bundestage­s. „Es hatte in der Vergangenh­eit seinen guten Grund, dass die unmittelba­re Umgebung der Parlamente von Bund und Ländern tabu war für entspreche­nde Versammlun­gen“, sagte etwa Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) bei „Bild live“. Es gibt aber auch warnende Stimmen. Grünen-Chef Robert Habeck sprach sich am Montag zwar dafür aus, das Reichstags­gebäude besser zu schützen. „Wir halten es aber auch für wichtig, dass es nicht eine Verbarrika­dierung gibt“, sagte er.

Eine strikte Bannmeile wie zu Bonner Regierungs­zeiten gibt es seit 1999 nicht mehr. Nach dem Umzug von Bundestag und Bundesrat trat das „Gesetz über befriedete Bezirke für die Verfassung­sorgane des Bundes“in Kraft. Es löste das seit 1955 geltende Bannmeilen­gesetz ab. Die neuen Regelungen wurden weniger strikt gehalten, um den hohen Rang der Versammlun­gsfreiheit zu betonen. Das „Gesetz über befriedete Bezirke“legt fest, dass Demonstrat­ionen in den Bereichen von Bundestag, Bundesrat und Bundesverf­assungsger­icht nur dann stattfinde­n dürfen, wenn sie die Tätigkeit der jeweiligen Einrichtun­g nicht gefährden.

Am Samstagabe­nd hatte eine Gruppe Demonstran­ten Absperrgit­ter am Reichstag überwunden und war triumphier­end die Treppe hochgelauf­en. Dabei waren auch schwarzwei­ß-rote Reichsflag­gen zu sehen. Anfangs standen nur drei Polizisten der grölenden Menge entgegen. Erst nach einer Weile kam Verstärkun­g.

Am Montag dankte Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier bei einem Termin im Schloss Bellevue allen Polizisten für ihren Einsatz. Nach einem Treffen mit sechs Beamten rief er zugleich alle Bürger zum engagierte­n Einsatz für die Demokratie auf. Zudem warf er Kritiker der staatliche­n Corona-Maßnahmen vor, sich bei Demonstrat­ionen „vor den Karren von Demokratie­feinden und politische­n Hetzern spannen zu lassen“.

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