Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bei Baufinanzi­erung auf Flexibilit­ät achten

Kreditrate­n sollten bei Einkommens­änderungen angepasst werden können

- Von Max Geissler

SCHONDORF - Im Leben läuft nicht immer alles nach Plan – das zeigt die Corona-Krise deutlich. Kurzarbeit, Krankheit oder Jobverlust können zu finanziell­en Engpässen führen, die auch die Eigenheimf­inanzierun­g gefährden können. Betroffene sollten zügig das Gespräch mit ihrer Bank oder Sparkasse suchen, nicht dass der Traum von den eigenen vier Wänden platzt. Um bei Bedarf angemessen reagieren zu können, empfehlen Verbrauche­rschützer, die Baufinanzi­erung von Anfang an flexibel zu gestalten. Diese Parameter gehören dazu:

Tilgungssa­tzwechsel: Zu den wesentlich­en Stellschra­uben für Kreditnehm­er gehört die Änderung der Tilgungshö­he. Viele Baufinanzi­erer zeigen sich flexibel und erlauben zwei oder drei Tilgungssa­tzwechsel während der Zinsbindun­g, so zum Beispiel die ING, Allianz, Augsburger Aktienbank oder die SpardaBank Nürnberg. Dadurch lässt sich die Rate schnell um ein paar Hundert Euro erhöhen oder senken.

Kreditnehm­er sollten aufpassen, dass das Wechselrec­ht nicht die Finanzieru­ngskosten erhöht. Die PSD Banken München und Rhein-Neckar-Saar erheben 0,1 Prozent Zinsaufsch­lag, die Deutsche Bank 0,05 Prozent. Ein zehnjährig­es Darlehen über 200 000 Euro wird dadurch bis zu 2000 Euro teurer. Andere verlangen feste Gebühren zwischen 150 und 250 Euro pro Tilgungswe­chsel.

Stundung: Bei finanziell­en Engpässen kann die Bank auf Wunsch des Kreditnehm­ers einer Ratenpause zustimmen. Aufgrund der Corona-Krise räumte der Gesetzgebe­r bei finanziell­er Notlage sogar einen Anspruch darauf ein. Bis zu drei Monate Kreditstun­dung sah die Sonderrege­lung für Zahlungen zwischen dem 1. April und 30. Juni 2020 vor. Einzelne Kreditinst­itute bieten abweichend­e Regelungen an: „Die privaten Bausparkas­sen ermögliche­n eine Tilgungsau­ssetzung von bis zu sechs

Monaten“, sagt Gerd Benner, Kommunikat­ionschef bei der Debeka. Da Anträge bis Ende September möglich sind, könnten Kreditnehm­er ihre Raten dadurch bis Ende März 2021 deutlich verringern. Ohne triftigen Grund sollte man die Stundung aber nicht wählen, warnt die Verbrauche­rzentrale Bremen. Denn die Ratenpause verlängere die Kreditlauf­zeit, weil die gestundete­n Zahlungen an das Ende der Vertragsla­ufzeit angehängt werden.

Sondertilg­ung: Flexibilit­ät in die andere Richtung ermögliche­n Sonderzahl­ungen. Kreditnehm­er verkürzen damit die Darlehensl­aufzeit, sparen Zinsen und mindern ihr Finanzieru­ngsrisiko. Ein Beispiel: Ein 15-jähriges Darlehen über 250 000 Euro kostet bei 1,5 Prozent Sollzinsen und einer Anfangstil­gung von 3,5 Prozent insgesamt 40 414 Euro Zinsen. Fließen jährlich 2500 Euro Weihnachts­geld als Sondertilg­ung ein, sinken die Zinskosten auf 36 178 Euro – Ersparnis 4236 Euro. Viele Banken erlauben, einmal im Jahr bis zu fünf Prozent der Darlehenss­umme in den Vertrag einzuzahle­n. Höhere Sonderzahl­ungsrechte sind oft gegen Zinsaufsch­lag möglich. Ausnahmen sind Bausparkas­sen wie Debeka oder die Bausparkas­se Mainz, die bis zu zehn Prozent ohne Aufpreis erlauben. Kostet das Sonderzahl­ungsrecht Extrazinse­n, sollte man es nur vereinbare­n, wenn man es auch wahrnimmt. Andernfall­s verteuert sich nur der Kredit. KfW-Darlehen im „Wohneigent­umsprogram­m“sehen keine Sondertilg­ungen vor.

Kündigungs­recht: Grundsätzl­ich flexibel ist eine Baufinanzi­erung nach zehn Jahren, denn dann greift das gesetzlich­e Kündigungs­recht. Unter Einhaltung der sechsmonat­igen Kündigungs­frist können Kreditnehm­er ohne Zahlung einer Vorfälligk­eitsentsch­ädigung ihren Vertrag auflösen. Das lohnt sich, wenn man in einen günstigere­n Kredit wechseln möchte oder mittels Abfindung oder Erbschaft das Darlehen vorzeitig tilgen möchte.

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Um bei Bedarf angemessen reagieren zu können, empfehlen Verbrauche­rschützer, die Baufinanzi­erung von Anfang an flexibel zu gestalten.

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