Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bei Baufinanzierung auf Flexibilität achten
Kreditraten sollten bei Einkommensänderungen angepasst werden können
SCHONDORF - Im Leben läuft nicht immer alles nach Plan – das zeigt die Corona-Krise deutlich. Kurzarbeit, Krankheit oder Jobverlust können zu finanziellen Engpässen führen, die auch die Eigenheimfinanzierung gefährden können. Betroffene sollten zügig das Gespräch mit ihrer Bank oder Sparkasse suchen, nicht dass der Traum von den eigenen vier Wänden platzt. Um bei Bedarf angemessen reagieren zu können, empfehlen Verbraucherschützer, die Baufinanzierung von Anfang an flexibel zu gestalten. Diese Parameter gehören dazu:
Tilgungssatzwechsel: Zu den wesentlichen Stellschrauben für Kreditnehmer gehört die Änderung der Tilgungshöhe. Viele Baufinanzierer zeigen sich flexibel und erlauben zwei oder drei Tilgungssatzwechsel während der Zinsbindung, so zum Beispiel die ING, Allianz, Augsburger Aktienbank oder die SpardaBank Nürnberg. Dadurch lässt sich die Rate schnell um ein paar Hundert Euro erhöhen oder senken.
Kreditnehmer sollten aufpassen, dass das Wechselrecht nicht die Finanzierungskosten erhöht. Die PSD Banken München und Rhein-Neckar-Saar erheben 0,1 Prozent Zinsaufschlag, die Deutsche Bank 0,05 Prozent. Ein zehnjähriges Darlehen über 200 000 Euro wird dadurch bis zu 2000 Euro teurer. Andere verlangen feste Gebühren zwischen 150 und 250 Euro pro Tilgungswechsel.
Stundung: Bei finanziellen Engpässen kann die Bank auf Wunsch des Kreditnehmers einer Ratenpause zustimmen. Aufgrund der Corona-Krise räumte der Gesetzgeber bei finanzieller Notlage sogar einen Anspruch darauf ein. Bis zu drei Monate Kreditstundung sah die Sonderregelung für Zahlungen zwischen dem 1. April und 30. Juni 2020 vor. Einzelne Kreditinstitute bieten abweichende Regelungen an: „Die privaten Bausparkassen ermöglichen eine Tilgungsaussetzung von bis zu sechs
Monaten“, sagt Gerd Benner, Kommunikationschef bei der Debeka. Da Anträge bis Ende September möglich sind, könnten Kreditnehmer ihre Raten dadurch bis Ende März 2021 deutlich verringern. Ohne triftigen Grund sollte man die Stundung aber nicht wählen, warnt die Verbraucherzentrale Bremen. Denn die Ratenpause verlängere die Kreditlaufzeit, weil die gestundeten Zahlungen an das Ende der Vertragslaufzeit angehängt werden.
Sondertilgung: Flexibilität in die andere Richtung ermöglichen Sonderzahlungen. Kreditnehmer verkürzen damit die Darlehenslaufzeit, sparen Zinsen und mindern ihr Finanzierungsrisiko. Ein Beispiel: Ein 15-jähriges Darlehen über 250 000 Euro kostet bei 1,5 Prozent Sollzinsen und einer Anfangstilgung von 3,5 Prozent insgesamt 40 414 Euro Zinsen. Fließen jährlich 2500 Euro Weihnachtsgeld als Sondertilgung ein, sinken die Zinskosten auf 36 178 Euro – Ersparnis 4236 Euro. Viele Banken erlauben, einmal im Jahr bis zu fünf Prozent der Darlehenssumme in den Vertrag einzuzahlen. Höhere Sonderzahlungsrechte sind oft gegen Zinsaufschlag möglich. Ausnahmen sind Bausparkassen wie Debeka oder die Bausparkasse Mainz, die bis zu zehn Prozent ohne Aufpreis erlauben. Kostet das Sonderzahlungsrecht Extrazinsen, sollte man es nur vereinbaren, wenn man es auch wahrnimmt. Andernfalls verteuert sich nur der Kredit. KfW-Darlehen im „Wohneigentumsprogramm“sehen keine Sondertilgungen vor.
Kündigungsrecht: Grundsätzlich flexibel ist eine Baufinanzierung nach zehn Jahren, denn dann greift das gesetzliche Kündigungsrecht. Unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist können Kreditnehmer ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ihren Vertrag auflösen. Das lohnt sich, wenn man in einen günstigeren Kredit wechseln möchte oder mittels Abfindung oder Erbschaft das Darlehen vorzeitig tilgen möchte.