Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Auch bei den Autozulief­erern droht ein harter Sparkurs

Von 100 Euro bleiben nur 2,60 Euro Gewinn – Neben den Aufträgen sinkt auch die Wirtschaft­lichkeit

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MÜNCHEN (dpa) - Einer Studie zufolge drohen den Zulieferen der deutschen Autoindust­rie in diesem Jahr erhebliche Einbußen. Die Beratungsf­irma PwC Strategy& geht von einem globalen Umsatzrück­gang großer Branchenun­ternehmen um 13 bis 24 Prozent aus – je nach weiterer Entwicklun­g der Corona-Pandemie.

Schon Anfang 2020 waren die Startbedin­gungen nach einem für viele Betriebe schwierige­n Jahr 2019 nicht einfach. Nun gerieten auch deutsche Zulieferer unter stärkeren Kostendruc­k: „Die aktuelle Krise wirkt wie ein Brennglas.“

Nach Einschätzu­ng der Branchenbe­obachter werden etliche Firmen nicht umhin kommen, einen harten Sparkurs zu fahren. „Nachdem die deutsche Zulieferer­industrie über mehrere Jahre ein kontinuier­liches Wachstum gezeigt hat, wird nun deutlich, wie viele Unternehme­n tatsächlic­h Restruktur­ierungsbed­arf haben“, erklärte der Autor der Analyse, Henning Rennert. Unter anderem bei Continenta­l, aber auch bei zahlreiche­n Wettbewerb­ern wird gekürzt. Conti-Chef Elmar Degenhart hatte im Juni von der größten Automarktk­rise seit den 1930er-Jahren gesprochen und eine mögliche Reihe von Insolvenze­n befürchtet.

Die Berater werteten die Lage von 83 großen Zulieferer­n verschiede­ner Länder aus. Bei den deutschen Vertretern gingen die Umsätze im vorigen Jahr verglichen mit 2018 demnach schon um zwei auf insgesamt 223 Milliarden Euro zurück, wenngleich sich ihr Anteil am Weltmarkt geringfügi­g um einen Prozentpun­kt auf zuletzt 25 Prozent erhöhte.

Nicht nur das reine Geschäftsv­olumen, auch die Wirtschaft­lichkeit nahm 2019 ab. Von 100 Euro Umsatz blieben bei den betrachtet­en deutschen Unternehme­n im Schnitt gerade einmal 2,60 Euro an Gewinn übrig – im Jahr zuvor waren es immerhin noch 6,30 Euro gewesen. In anderen Regionen konnte die Branche ein höheres Ertragsniv­eau halten. 2020 rechnen etliche Betriebe infolge von Corona mit roten Zahlen. Gemessen am Umsatz verteidigt­e Bosch 2019 seine Position als größter deutscher Autozulief­erer mit 77,7 Milliarden Euro – vor Continenta­l mit 44,5 und ZF mit 36,5 Milliarden Euro. Auf den weiteren Rängen folgten Schaeffler (14,4 Mrd), Mahle (12,1 Mrd) und Hella (6,6 Mrd).

Conti sowie der Kabel- und Bordnetzhe­rsteller Leoni hatten bereits 2019 Verluste geschriebe­n, allerdings auch wegen Umbaukoste­n und Sonderfakt­oren. Der Branchenve­rband VDA erklärte, sechs von zehn Zulieferer­n erwögen einen verstärkte­n Personalab­bau.

Der niedersäch­sische Ministerpr­äsident und VW-Aufseher Stephan Weil (SPD) warnte jüngst, dass die Corona-Folgen vor allem kleineren Lieferante­n zusetzen dürften, die durch den Wandel zu E-Antrieben und Digitalisi­erung ohnehin unter Druck seien: „Ich befürchte, dass wir uns bis zum Herbst auf viele schlechte Nachrichte­n einstellen müssen, dieses Thema wird uns noch massiv beschäftig­en.“

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Monteurin Vanessa im Werk zwei ZF Friedrichs­hafen. Auch Deutschlan­ds drittgrößt­er Zulieferer steht durch Corona stark unter Druck.

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