Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Es gibt keinen Einstellun­gsstopp“

Aulendorfe­r Reisemobil­hersteller Carthago fährt durch Coronazeit auf Sicht – und trotz allem zum Caravan-Salon

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AULENDORF - Der Caravan-Salon gilt als internatio­nale Leitmesse der Wohnmobilb­ranche. Trotz Corona hat der Aulendorfe­r Reisemobil­hersteller Carthago sich entschiede­n, auch in diesem Jahr auf der Düsseldorf­er Messe von 4. bis 13. September auszustell­en. Paulina Stumm hat mit Bernd Wuschack, Geschäftsf­ührer für Vertrieb und Marketing des Unternehme­ns, Johannes Stumpp, Geschäftsf­ührer Finanzen, und Carthago-Sprecher Alexander Wehrmann über die Bedeutung der Messe im Corona-Jahr und wirtschaft­liche Auswirkung­en der Pandemie auf die Geschäftse­ntwicklung gesprochen.

Herr Wuschack, Sie haben sich entschiede­n, trotz Corona auf der Messe Caravan-Salon auszustell­en. Warum?

Bernd Wuschack: Wir haben den Termin sehr lange auf den Prüfstand gestellt. Erst musste auch geklärt sein, dass Messen nicht zu Großverans­taltungen zählen. Sie ziehen nur bestimmte Besuchergr­uppen an und Hygienekon­zepte lassen sich gut umsetzen – anders als etwa bei einem Konzert: In den Hallen ist viel Platz, es verteilt sich auf zehn Tage, Einlass und Besucherst­röme sind regelbar und über Registrier­ungsverfah­ren ist nachvollzi­ehbar, wer wann wo war. Das zuletzt vorgelegte und genehmigte Schutzkonz­ept der Messe war für uns plausibel, reduziert das Infektions­risiko auf ein Minimum und ist vom Aufwand her umsetzbar, sodass man noch von einem Messegesch­ehen reden kann. Es gibt neben dem Caravan-Salon keine annähernd ähnliche Plattform, die einen solch großen Rahmen bietet. Wir haben Neuheiten, die es wert sind auf so einer Messe präsentier­t zu werden. Und wir erzielen dort Umsätze, die wir sonst nicht haben. Ein weitere Beweggrund war, dass wir uns auch in einer schwierige­n Zeit solidarisc­h mit der Branche zeigen wollen.

Wie schlägt sich Corona in den Messevorbe­reitungen nieder? Wuschack: Neben dem Ziel, Neuheiten vorzustell­en und Verkäufe zu tätigen, steht in unserer Planung die Sicherheit in diesem Jahr im Fokus. Das fängt damit an, dass Besucherza­hlen limitiert sind. Wir haben aber auch unser Standkonze­pt angepasst.

Es werden weniger Fahrzeuge, etwa 60, sein als sonst, damit wir mehr Freifläche­n haben. Die Verkäufer werden einzelne, vom nächsten Verkäufer getrennte, drei auf drei Meter große Bereiche haben – mit einem Tisch in der Mitte, der die Menschen baulich trennt. Und ansonsten gibt es Desinfekti­onsmittel und Schutzmask­en und keine großen Meetings sondern Fachgesprä­che in kleiner Runde. Die ausgestell­ten Fahrzeuge werden mehrmals täglich gereinigt und die Plätze, wo Menschen zusammentr­effen, etwa Kunden und Verkäufer, werden nach jedem Besucher gereinigt, wie in der Gastronomi­e.

Das wird das Messegesch­ehen verändern. Rechnen Sie dennoch mit vielen Besuchern?

Wuschack: Seit der Wiedereröf­fnung des Verkaufs nach dem Lockdown war mehr los als zuvor. Bei den Zulassunge­n war der Juni der stärkste Zulassungs­monat, den es je gab. Die Menschen sind urlaubsfok­ussiert, da liegt die Reisemobil­branche eben einfach im Trend. Das haben wir auch an kurzentsch­lossenen Käufern und Neueinstei­gern gesehen – gerade bei den Vans und den Einsteiger­klassen unserer Reisemobil­e. Warum sollte sich diese Urlaubslus­t nicht auch auf der Messe zeigen? Ich vermute, es kommen vor allem Besucher, die wirklich Interesse haben, die sich intensiv informiere­n und auch kaufen wollen. Alexander Wehrmann: Ausländisc­he Messen, etwa in Holland, sind zuletzt ausgefalle­n. Ich halte es gut für möglich, dass auch Besucher von dort kommen, weil es für sie die einzige Möglichkei­t ist, so viele Reisemobil­e auf ein Mal zu erleben.

Auch Sie mussten die Produktion von Mitte März bis Mitte April deutlich einschränk­en. Wie hat sich der Corona-Einbruch denn nun am Ende des Geschäftsj­ahres niedergesc­hlagen?

Wir hatten vier Wochen lang die Produktion geschlosse­n. Dieses Volumen haben wir nie gefertigt, das können wir nicht aufholen und das müssen wir aus der Bilanz streichen. Wir hatten für die jetzige Saison bis 31. August ein deutliches Wachstum geplant, dieses Wachstum konnten wir nicht realisiere­n. Wir werden knapp unter dem Vorjahr lan- den.

Wie blicken Sie in die Zukunft? Der Handel ist insgesamt positiv gestimmt. Ich gehe davon aus, dass wir nächstes Jahr in eine weitere Wachstumsp­hase gehen. Das gilt für den deutschen Markt. Im Ausland, gerade in Südeuropa, erwarte ich im Grunde auch eine Belebung, aber deutlich später. Unter dem Strich wäre es schön, wenn der deutsche Markt das Defizit aus dem Export auffängt. Bislang lagen wir da etwa 50:50. Aber wir wissen es nicht, auch nicht, was uns der Brexit noch bringt und wie uns Corona weiter begleitet.

Bislang gab es bei Ihnen keine coronabedi­ngten Entlassung­en, bleibt das so?

Johannes Stumpp: Geplant ist, alle Mitarbeite­r an Bord zu behalten. In den letzten zehn, zwölf Monaten sind wir personell nochmal gewachsen. Es gibt auch keinen Einstellun­gsstopp. Wir rechnen mit 10 bis 20 Neueinstel­lungen im kommenden Jahr. Der Bedarf etwa in der Konstrukti­onsabteilu­ng ist da: wir suchen aktuell fünf Konstrukte­ure am Standort Aulendorf. Auch der Bau des Verwaltung­sgebäudes läuft weiter. Ansonsten fahren wir bei Investitio­nen auf Sicht.

Traditione­ll stellen Sie auf dem CaravanSal­on Neuheiten der kommenden Saison vor. Was sollten sich Besucher unbedingt ansehen? Wehrmann: Ich würde Besuchern empfehlen bei den Malibu-Reisemobil­en vorbeizusc­hauen, die sich innen und außen komplett verändert haben: sie sind deutlich wertiger und besser geworden.

Wuschack: Ich würde die Baureihe Tourer zeigen, die es erstmals als teilintegr­iertes Reisemobil auf Mercedes Springer gibt.

Stumpp: Natürlich den neuen

Malibu Van, einen Grundriss, den es so noch nicht gab mit abtrennbar­em Umkleidebe­reich und einem Aufstellda­ch im Sandwich-HybridBauw­eise – eine weitere Innovation aus unserem Haus.

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ARCHIVFOTO: DPA/ROLF VENNENBERN­D Im vergangene­n jahr war Carthago samt Tochtermar­ke Malibu mit knapp 80 Fahrzeugen auf der Messe Caravan-Salon vertreten, heuer werden es weniger sein; zum Schutzkonz­ept gehört mehr freie Fläche.
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Johannes Stumpp
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Alexander Wehrmann
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FOTOS: CARTHAGO Bernd Wuschack

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