Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Selbst Hamilton wäre Hamilton zu langweilig
SPA (SID) - Lewis Hamilton dachte kurz nach, die Augen verrieten ein Lächeln hinter der Maske, dann gab er es zu. Ja, wäre er ein Fan der Formel 1, dann würde ihn die eigene Dominanz in einen Tiefschlaf versetzen. „Ich weiß, dass es nicht alle Leute toll finden, wenn wir jedes Rennen gewinnen“, sagte der 35-Jährige nach seiner Ein-Mann-Show in Spa: „Aber wir werden weiter versuchen, immer besser zu werden, und ich persönlich habe noch ganz viel vor.“
Die Konkurrenz hat längst resigniert, der Teamkollege im gleichen Auto schien in Spa der Verzweiflung nah. „Kann ich nicht wenigstens einmal den Speed-Boost drücken“, fragte Valtteri Bottas seine Boxencrew und bekam eine ernüchternde Antwort: „Nicht im teaminternen Duell.“Das ja eigentlich gar kein Duell ist, denn wenn Hamilton ernst macht, liegt Bottas im Ziel eben knapp neun Sekunden hinter ihm.
Und dennoch bleibt der Champion immer ruhig, immer menschlich. Wie kaum ein anderer macht sich Hamilton zum Sprachrohr für jene, die nicht wie er selbst auf der millionenschweren Sonnenseite des Lebens stehen. „Black Lives Matter“darf sich über ihn als Frontfigur freuen, mit Stolz trägt er das schwarze Shirt mit dem weißen Schriftzug.
Nun wird es nicht mehr allzu lange dauern, bis Lewis Hamilton auch die letzten Bestmarken von Michael Schumacher erreicht hat, mehr noch: Er wird sie alle verbessern. Noch zwei Grand-Prix-Siege trennen ihn von Schumachers einst für die Ewigkeit geglaubten Rekord, und niemand zweifelt ernsthaft daran, dass er am Ende der Saison mit sieben WM-Titeln zu Schumacher aufschließen wird. Doch da gibt es ja einen Zweifler, zumindest Mahner. „Das Eichhörnchen ernährt sich nur mühsam“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff: „Es sind noch zehn Rennen zu fahren, da gibt es keinen Grund, jetzt schon Schäfchen zu zählen.“Wahrscheinlich wird Monza dennoch am Sonntag den nächsten Murmeltiertag erleben.