Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Am Ende steigen die Bußgelder
Demokratie lebt von Kompromissen. Oft sind sie das Ergebnis eines harten Ringens – so auch in der Frage, welche Strafen für Temposünder angemessen sind. Die Buße soll schließlich wehtun und somit erzieherisch wirken. Nach Jahren konnten sich die Länder schließlich im Frühjahr auf einen Kompromiss einigen: Rasen wurde im April teurer und der Führerschein war auch deutlich schneller weg. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ist ein Formfehler im Gesetz unterlaufen – und plötzlich ist alles wieder auf Anfang. Der hart erarbeitete Kompromiss ist aufgekündigt, Union und SPD wollen auch inhaltlich nachbessern und die Strafen abmildern. Die Rechnung haben sie aber ohne die Grünen gemacht.
In fünf Bundesländern stellen die Grünen den Verkehrsminister. Ihr Koordinator ist Südwest-Minister Winfried Hermann, der Dunkelgrünste im Kabinett Kretschmann und damit der Lieblingsfeind des Koalitionspartners CDU. Es verwundert daher nicht, dass er auf den einst gefundenen Kompromiss zur Novelle der Straßenverkehrsordnung pocht. Auch am neuen Bußgeldkatalog will er festhalten. Seine Botschaft: Alle sind wankelmütig, nur die Grünen bleiben stabil.
Damit hat er zwar recht. Es bleibt aber die Frage: Ist es wirklich angemessen, gleich den Führerschein zu verlieren, wenn man das 30er-Schild im Ort übersehen hat und stattdessen 51 Stundenkilometer fährt? Selbst dann, wenn man sich noch nie eines solchen Vergehens schuldig gemacht hat? Nein, nicht wirklich.
Gegen die Übermacht aus Union und SPD haben die Grünen auf Dauer ohnehin keine Chance. Hermann weiß aber: Seine Verhandlungsposition ist nur dann stark, wenn er zunächst hart bleibt. Die Lösung des Konflikts scheint aber bereits klar: Die Grünen machen Zugeständnisse beim Führerscheinentzug. Dafür werden Temposünder noch tiefer in die Tasche greifen müssen. Mit Verweis auf die Höhe von Bußgeldern im Ausland fordern das die Grünen lange schon. Schön wäre, wenn ein solch neuer Kompromiss keine weiteren Monate auf sich warten ließe.