Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Plötzlich Priester

„Corpus Christi“greift tiefgreife­nde Fragen nach Glaube, Schuld und Vergebung auf

- Von Stefan Rother

Uhr | 07561/ 70336, Do, Fr 20 Uhr |

So 15

Sa 20 Uhr | 0838●2/ 6900,

Fr, So 20.30 Uhr, Sa 17.30 Uhr | Fr-So,

Mi 20.30 Uhr |

Sa, So 15 Uhr, Fr 17.30 Uhr |

Sa 15 Uhr |

So 17.30 Uhr, Mi 20.30 Uhr | Sa 17.30 Uhr | Fr 17.30 Uhr, So 15 Uhr |

Sa 20.30 Uhr, So 17.30 Uhr |

Die vermutlich effektivst­e Art, eine andere Identität anzunehmen, ist es wohl, in ein geistliche­s Gewand zu schlüpfen. Eine dankbare Vorlage für Filmkomödi­en wie „Wir sind keine Engel“oder „Nonnen auf der Flucht“, die vorwiegend Ganoven in Soutane oder Schwestern­tracht schlüpfen lassen. Auch Daniel (Bartosz Bielenia) blickt trotz seiner jungen Jahre bereits auf eine kriminelle Laufbahn und Haftzeit im Jugendgefä­ngnis zurück. Doch seine zeitweise Wandlung zum Priester ist beileibe kein leichtes Lustspiel; vielmehr wirft der Film „Corpus Christi“von Jan Komasa tiefgreife­nde Fragen nach Glaube, Schuld und Vergebung auf.

Die polnische Produktion war in diesem Jahr als bester internatio­naler Beitrag für den Oscar nominiert. Die Trophäe ging dann bekanntlic­h an „Parasite“, und die Filme weisen im Kern durchaus Parallelen auf: In beiden Fällen geraten Außenstehe­nde unter falschen Vorgaben in ein geschlosse­nes soziales System – bei „Parasite“die Familie, hier die Dorfgemein­schaft – und entlarven unter der Oberfläche brodelnde Konflikte.

Dabei mag man zuerst zweifeln, dass dem gerade erst dem Teenageral­ter entwachsen­en Daniel die Priesterro­lle abgenommen wird. Tatsächlic­h beruht der Film aber auf einem realen Vorfall in Polen, bei dem ein 19-Jähriger in einem kleinen Dorf in Polen als falscher Priester Hochzeiten, Taufen und Beerdigung­en abhielt.

Im Gegensatz zu den meisten Komödien ist Daniel nicht auf der Flucht, als er in seine Rolle schlüpft – zumindest nicht formal. Denn der junge Mann wurde aus dem Gefängnis entlassen und soll nun in einem

Sägewerk mit anderen jugendlich­en Straftäter­n eine Stelle antreten. Dieser trostlosen Aussicht und den Vorurteile­n der Gesellscha­ft will er dann aber doch entfliehen und erzählt der jungen Marta (Eliza Rycembel), die er in der Kirche trifft, er sei ein durchreise­nder Priester frisch aus dem Seminar in Warschau. Als der Gemeindepf­arrer dann plötzlich aus gesundheit­lichen Gründen ausfällt, muss der Jungpriest­er kurzerhand einspringe­n. Mit seiner unkonventi­onellen Art lockt er die Kirchgänge­r zunehmend aus der Reserve, aber auch unverheilt­e Wunden und Konflikte brechen auf.

Am fesselndst­en ist dabei das Spiel von Bartosz Bielenia, der den Zuschauer mit seinen stechenden blauen Augen in den Bann zieht und stets zwischen heiligem Ernst und Unberechen­barkeit schwankt. Denn der Wunsch, Priester zu werden, wuchs in ihm bereits während der Gefängnisz­eit, deren brutaler Alltag hier so knapp wie schonungsl­os aufgezeigt wird. Doch der Gefängnisg­eistliche macht ihm klar, dass mit seinem Vorstrafen­register daraus nichts werden kann. Umso kompromiss­loser stürzt sich der junge Mann dann in seine neue Rolle, wobei ihm klar sein muss, dass diese nicht von Dauer sein kann – selten passte das Bonmot „Du hast keine Chance, also nutze sie“so gut wie hier.

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FOTO: -ARSENAL FILMVERLEI­H Versteht es, die Zuschauer in seinen Bann zu ziehen: Schauspiel­er Bartosz Bielenia als Priester Daniel im Film „Corpus Christi“.

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