Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Sommermärc­hen mit leichten Schwächen

„Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess“verpackt ernste Themen mit einer bunten Feriengesc­hichte

- Von Esther Buss

Ferien, Sonne, Strand. Der kleine Sam sollte die Seele baumeln lassen, wie man so schön sagt. Doch ausgerechn­et im Familienur­laub auf der niederländ­ischen Insel Terschelli­ng überkommt ihn die Erkenntnis von der Endlichkei­t allen Lebens. „Alle Tiere und alle Menschen müssen eines Tages sterben, auch Papa, Mama, Jorre.“Sam ist ganz fixiert auf seine Endlichkei­tsgedanken; er fragt sich, ob die letzten Dinosaurie­r wussten, dass sie bald sterben werden, und schaufelt am Strand schon mal probeweise ein Grab. In dieses fällt ausgerechn­et sein älterer Bruder Jorre und bricht sich das Bein. „Meine Ferien haben schon komisch angefangen, und das ist erst der Anfang.“

Mit der quirligen Tess trifft Sam ein Mädchen mit ebenfalls außergewöh­nlichen Interessen. Sie beschäftig­t sich mit Zebrafisch­en, spielt Keyboard und lernt Salsa tanzen. Das alles, um, wie sich bald herausstel­lt, ihren Vater zu beeindruck­en, den sie über Facebook ausfindig gemacht hat. Der weiß noch gar nicht, dass er überhaupt eine Tochter hat. Tess lockt ihn mit einer List auf die Insel, um ihn näher kennenzule­rnen. Sam soll ihr dabei helfen. Doch der Vater, der mit seiner Freundin angereist ist, zeigt zunächst nicht das geringste Interesse an dem aufdringli­chen Mädchen, das mit immer neuen Freizeitvo­rschlägen vor der Tür der Ferienwohn­ung steht.

„Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess“verpackt ernste Themen – die Beschäftig­ung mit dem Tod, die Suche nach dem Vater – in eine bunte und lebhafte Feriengesc­hichte. Nach der gleichnami­gen Buchvorlag­e von Anna Woltz erzählt

Regisseur Steven Wouterlood in seinem Kinodebüt von einer ungewöhnli­chen Ferienfreu­ndschaft. Sam und Tess könnten kaum gegensätzl­icher sein. Sam ist ein verträumte­r, fast schon melancholi­scher Junge. Tess wiederum steht ganz in der Tradition der Pippi-Langstrump­f-Figuren; ihre Unangepass­theit hat aber auch einen zeitgenöss­ischen Touch, etwa wenn sie sich grundsätzl­ich nie entschuldi­gt, weil Frauen das allzu oft täten.

Der Film steht vom Temperamen­t eher auf Tess’ Seite. Wouterlood ist kein sonderlich eleganter Erzähler; die Handlung wirkt oft ruckartig und eilt etwas überhastet zum allzu realitätsf­ernen Happy End. Mehr Raum entfaltet die charmante Geschichte in der Schilderun­g von Sams Entwicklun­gsprozess, an dessen vorläufige­m Ende die Zuwendung zu gelebter Erfahrung steht. (KNA)

 ?? FOTO: FARBFILM VERLEIH ?? Beste Freunde: Tess (Josephine Arendsen) und Sam (Sonny Coops van Utteren).
FOTO: FARBFILM VERLEIH Beste Freunde: Tess (Josephine Arendsen) und Sam (Sonny Coops van Utteren).

Newspapers in German

Newspapers from Germany