Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Cello-Leidenscha­ft

Eckart Runge legt mit „Transition­s“Solo-Album vor

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Transition­s, Übergänge, Grenzübers­chreitunge­n, hat der deutsche Cellist Eckart Runge in seinem Musikerdas­ein schon viele gestaltet – sei es stilistisc­h, wenn er gemeinsam mit seinen Klavier- und Kammermusi­kpartnern neben dem klassische­n das andere Repertoire auslotet, Tango ebenso spielt wie Jazz, Rock- und Filmmusik. Sei es während seiner Zeit im berühmten Artemis Quartett: 30 Jahre lang bildete er dort die Cello-Basis, war Gründungsm­itglied und Konstante, während sich die Besetzung bei den Oberstimme­n immer wieder einmal änderte. Den stärksten Einschnitt erlebten Runge und das Quartett durch den Tod des Bratschers Friedemann Weigle, der Cellist überwand außerdem eine Krebserkra­nkung.

Im vergangene­n Jahr hat Eckart Runge das Artemis Quartett verlassen, um sich ganz eigenen Projekten zu widmen. Nun legt er seine erste Solo-CD mit Orchester vor. Mit den jeweils ersten Cellokonze­rten von Nikolai Kapustin und Alfred Schnittke präsentier­t er zwei Werke, denen man höchst selten im Konzertsaa­l begegnet.

Kapustin ist mit seinen jazzigen Klavierstü­cken bei Pianisten beliebt. Auch das hier zum ersten Mal eingespiel­te Konzert reißt den Hörer mit. Das Rundfunksi­nfonieorch­ester Berlin und Dirigent Frank Strobel mischen in den schnellen Sätzen einen anregenden Bigband-Sound dazu, im langsamen Satz verströmt sich Eckart Runge voll Melancholi­e und Sinnlichke­it.

Kapustin hatte dem Cellisten bei dessen Besuch in Moskau die Noten anvertraut, die Veröffentl­ichung der CD hat er leider nicht mehr erlebt, er verstarb am 2. Juli.

Ist Kapustins Werk für Runge eine „Art Weltreise für das Cello“, so taucht man mit Alfred Schnittkes erstem Cellokonze­rt in eine höchst emotionale Welt der Auflehnung, der Erschütter­ungen, der Tragik und auch der Spirituali­tät ein. Der Komponist hatte es im Auftrag der Stadt München zur Eröffnung der Philharmon­ie am Gasteig geschaffen, Natalia Gutman und die Münchner Philharmon­iker brachten es am 7. Mai 1986 zur Uraufführu­ng. Vor Beginn der Arbeit erlitt Schnittke seinen ersten Schlaganfa­ll, im Booklet wird ein eindrückli­ches Interview mit dem Komponiste­n zitiert, das an dieser intensiven Zeit zwischen Tod und Leben teilhaben lässt. Auch hier zeigt sich die Vertrauthe­it des Dirigenten und des RSO Berlin mit der Musik des russischen Komponiste­n mit deutschen Wurzeln. Mit seinem farbenreic­hen, kraftvolle­n und leidenscha­ftlichen Cellospiel wird Eckart Runge zum Botschafte­r dieser ausdruckss­tarken Musik.

So unterschie­dlich sie sind, bereichern beide Konzerte das Repertoire und finden in Runge, Strobel und den Berlinern ihre brillanten Fürspreche­r.

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