Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Unsichtbar, aber unverzichtbar
Ulrike Eitel engagiert sich seit 18 Jahren im Freundschaftskreis Mantua-Weingarten
WEINGARTEN - „Mantua ist meine italienische Heimatstadt“, antwortet Ulrike Eitel auf die Frage, was sie mit Weingartens Partnerstadt verbindet. Das ist keine Floskel, hinter der sich eine bloße unerfüllte Sehnsucht verbirgt. Die 60-Jährige meint es so. Sie ist die perfekte „treue Seele“. „Mein Mann hat zu mir einmal gesagt, dort kenne ich mehr Leute als auf dem Marienplatz in Ravensburg“, sagt sie.
Seit 18 Jahren engagiert sich die Weingartenerin im Freundschaftskreis Mantua-Weingarten, also fast so lange, wie es die Städtepartnerschaft gibt. 2018 feierte man das 20-jährige Bestehen. Mittlerweile hat die Organisation über 140 Mitglieder.
Ihre Beziehung zu Mantua entstand, als ihre beiden Töchter Ende der 90er-Jahre als Austauschschülerinnen in der Lombardei waren. Auch Ulrike Eitel gefiel die alte Stadt mit der fünfschiffigen Basilika aus dem neunten Jahrhundert. 2000 begann ihr Engagement beim Freundeskreis. Man suchte jemanden, der die Musikkapelle aus Mantua begleitet, die beim Blutfreitag in Weingarten in jenem Jahr dabei war.
Seitdem organisiert sie im Hintergrund, dass bei den verschiedenen Aktivitäten alles läuft: dass die Gäste gut untergebracht sind, dass es Essen und Getränke bei Ausflügen gibt, dass die Ehrengäste beim Blutritt zu ihren Plätzen finden, dass alles beim Nikolausmarkt in Weingarten und beim Drachenfest in Mantua klappt. Bei Letzterem spielt sie eine besonders wichtige Rolle. „Meine italienischen Freunde sagen, ich sei die Garantie
für den Wind beim Drachenfest“, sagt Ulrike Eitel.
Es sind die Kleinigkeiten, um die sich kümmert, an die nur wenige denken, die aber notwendig sind und die eine große Wirkung haben.
Und wenn man eine Definition dessen geben will, was man unter einer „guten Seele“versteht, dann trifft das genau auf Ulrike Eitel zu: Wenig sichtbar, aber unverzichtbar, bescheiden, immer an die anderen denkend und sich selbst zurücknehmen. „Das macht mir Spaß“, sagt sie. „Irgendetwas gibt es immer zu tun.“
25-mal war sie schon in Mantua – zu offiziellen Anlässen. Sie veranstaltete dort einen Backkurs und brachte den italienischen Hausfrauen die Kunst des schwäbischen Weihnachtsgebäcks
bei, begleitete das Sozialpädagogische Institut als Betreuerin, kümmert sich um das Casa del sole – eine Kooperation mit dem KBZO – und hält bis heute den Kontakt zu den Geistlichen aus Mantua – schriftlich und persönlich.
Zu Pater Don Stefano, der 2014 starb, hatte sie ein ganz besonderes Verhältnis. „Das war immer mein erster Weg, wenn ich nach Mantua kam: Zu Don Stefano ins Priesterseminar und einen Espresso trinken.
Italienisch hat sie sich zuerst selbstständig beigebracht, dann folgten Volkshochschulkurse. Heute versteht sie alles, wenn ihre italienischen Freunde sprechen, und sie selbst lernt „beim Falschmachen“, wie sie es ausdrückt.
Corona hat Mantua hart getroffen. Die Stadt war im kompletten Lockdown, niemand durfte auf die Straße. Kontakt hat Ulrike Eitel dennoch gehalten. Per Video nahm sie an den italienischen Musikabenden teil, und zu ihrem sechzigsten Geburtstag gab es ein Online-Ständchen. Verdient hätte sie aber eine richtig große Party.