Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Region will für Hubschrauber kämpfen
Bodenseekreis, Stadt Friedrichshafen und der MCB wollen gemeinsam Stellung beziehen
FRIEDRICHSHAFEN - Die Pläne, den Rettungshubschrauber Christoph 45 von Friedrichshafen abzuziehen, stoßen im Bodenseekreis auf breiter Basis auf Ablehnung. Ein vom Innenministerium Baden-Württemberg in Auftrag gegebenes Gutachten hatte einen Standort im Bereich der Ravensburger Ortschaft Bavendorf empfohlen. Auch Mengen im Landkreis Sigmaringen ist als neuer Standort im Gespräch. MCB-Geschäftsführerin Margita Geiger und Landrat Lothar Wöfle weisen im Gespräch mit der SZ auf Schwachpunkte im Gutachten hin. Zusammen mit der Stadt will man um den Standort am Klinikum kämpfen.
„Wir sind dagegen, dass der Hubschrauber vom Klinikum abgezogen wird“, sagt Margita Geiger klipp und klar. Der Standort Bavendorf würde niemandem einen Vorteil bringen, meint die Geschäftsführerin des Medizin-Campus-Bodensee. Markdorf oder Heiligenberg hält sie eventuell für denkbar, wenn es darum gehe, einen größeren Radius in Richtung Alb zu haben und dennoch mit der Luftrettung am Bodensee präsent zu sein. In besagtem Gutachten war kritisiert worden, dass sich die Hälfte des Einzugsgebietes des Hubschraubers auf den Bodensee erstreckt.
Eine Rolle spiele das Wetter, genauer gesagt der Nebel, sagt Geiger. Eine Aussage im Gutachten sei, dass am Bodensee oft nicht geflogen werden könne, weil es zu neblig sei. Es müsse aber auch geklärt werden, wie das an anderen Standorten, etwa Bavendorf, aussehe. Oder, ob der Nebel einen Start oder eine Landung verhindere. Auch der Zustand der B 31 im Sommer, genauer gesagt, inwiefern die wichtige Straße dann ausgebaut ist, soll für die Überlegungen eine Rolle spielen. In das Gutachten sollte laut Geiger außerdem noch das Thema Seerettung einfließen. Wie hoch der Bedarf sei, den Hubschrauber aus Liechtenstein oder St. Gallen auf der deutschen Seeseite einzusetzen, weil der eigene Hubschrauber gerade weiter im Norden im Einsatz sei – auch diese Frage müsse geklärt werden. „Das passiert jetzt schon häufig und wird dann
TRAUERANZEIGEN noch häufiger passieren“, sagt Geiger, und das sei mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Überhaupt sei eine Verlegung mit hohen Ausgaben verbunden. Vom Lärmschutzgutachten bis zu einem neuen Hangar inklusive Tankanlage, der gebaut werden müsste. „Es ist die Frage, ob die Kostenträger bereit sind, das Geld in die Hand zu nehmen“, sagt Geiger. Nur wenn der Standort im Bodenseekreis bleiben würde, würde das Klinikum das Rettungspersonal weiter zur Verfügung stellen, ein Standort außerhalb des Kreises kommt für Geiger nicht infrage. „Diese Themen müssen noch bearbeitet werden, ehe eine definitive Entscheidung fällt“, sagt Geiger.
Bodenseekreis, Stadt Friedrichshafen und der MCB würden in einer konzertierten Aktion nochmal Stellung beziehen beim Land, das am Ende über den Standort entscheiden müsse. Auch Landrat Lothar Wölfle sieht in dem besagten Gutachten Schwächen. Dass etwa versucht werden soll, durch die Verlegung des Hubschraubers die Rettungsfristen der bodengebundenen Rettungskräfte im westlichen Landkreis Ravensburg und im Landkreis Sigmaringen zu verbessern, macht für ihn keinen Sinn. „Ein Rettungshubschrauber ersetzt nicht die bodengebundenen Hilfskräfte“, sagt Wölfle. Bei der Mehrzahl der Rettungsflüge handle es sich um Sekundäreinsätze, das heißt, verletzte Personen werden etwa vom Unfallort zu einer Klinik transportiert, nachdem der Ersteinsatz bereits stattgefunden hat. Der Rettungshubschrauber werde auch bei einer Verlegung die Einhaltung der Fristen andernorts nicht wesentlich verbessern. Für wenige Fälle würde man also den Hubschrauber mit viel Aufwand verlegen. Klar ist laut Wölfle, dass Christoph 45 landesweit die wenigsten Einsätze aller Hubschrauber habe. Dafür habe man mit der hiesigen Verkehrsdichte, dem Tourismus, der starken industriellen Prägung und schließlich den speziellen Einsatzlagen am See auch ein besonderes Gefahrenpotenzial.