Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Fall Nawalny löst Pipeline-Streit aus
Debatte über Sanktionen gegen Russland – Ruf nach Ende des Projekts Nord Stream 2
BERLIN/RAVENSBURG (dpa/thg) Die Vergiftung des russischen Regierungskritikers Alexej Nawalny hat die Debatte um zusätzliche Sanktionen gegen Russland aufs Neue entfacht. Die Bundesregierung berät sich derzeit mit Verbündeten in der EU und Nato über das Vorgehen gegenüber Russland. Vertreter der Nato-Staaten werden am heutigen Freitag in einer außerplanmäßigen Sitzung über mögliche Reaktionen auf die Vergiftung des Kremlkritikers beraten. Hierzulande wird nun vor allem über das umstrittene PipelineProjekt
Nord Stream 2, mit der russisches Erdgas durch die Ostsee nach Deutschland transportiert werden soll, gestritten. Die Pipeline steht kurz vor der Fertigstellung.
Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, forderte einen Abbruch des deutsch-russischen Pipeline-Projekts. Ähnlich äußerte sich Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger (Grüne) im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Es braucht eine starke und gemeinsame europäische Antwort auf diesen
Mordanschlag. Spätestens jetzt muss Nord Stream 2 beendet werden“, sagte die Ravensburgerin. FDP-Parteichef Christian Lindner erklärte in der ARD: „Ein Regime, das Giftmorde organisiert, ist kein Partner für große Kooperationsprojekte – auch nicht für Pipeline-Projekte.“Auch für SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich stehen Projekte wie die Pipeline auf dem Prüfstand. Er forderte wie der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen, alles auf den Prüfstand zu stellen und eine gemeinsame europäische Haltung einzunehmen.
Dagegen äußerte sich CSU-Chef Markus Söder zurückhaltend zu Forderungen nach einem Aus für das Pipeline-Projekt. CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter sagte hierzu: „Zu Nord Stream 2 müssen wir jetzt stehen.“Zuvor hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Willen der Bundesregierung zur Fertigstellung der Pipeline bekräftigt.
SPD-Parteichef Norbert WalterBorjans warnte derweil vor nicht abgestimmtem Druck auf Moskau und einem „Wettbewerb der Sanktionsideen“.