Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
EU noch zurückhaltend
Beim nächsten Außenministerrat am 12. Oktober wird der Anschlag auf Nawalny mit Sicherheit auf der Tagesordnung der Europäischen Union stehen. Am Donnerstag verurteilten die Verantwortlichen zunächst die Vorgänge in allgemeiner Form. Es handle sich „um eine verachtenswerte und feige Tat – ein weiteres Mal. Die Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden“, twitterte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Der Außenbeauftragte Josep Borrell hatte unmittelbar nach der Veröffentlichung der Ergebnisse des deutschen Speziallabors die Vergiftung Nawalnys scharf verurteilt und eine Untersuchung gefordert. Es sei auch im russischen Interesse, die Verantwortlichen zu finden, betonte ein Kommissionssprecher. Schließlich sei das Gift Nowitschok nicht frei zugänglich, sondern ein militärischer Kampfstoff. Erst wenn diese Untersuchung abgeschlossen sei, könne über mögliche Strafmaßnahmen nachgedacht werden. Mit dieser Haltung gewinnt die EU zwar Zeit, löst aber ihr Problem nicht. Die Mitgliedsländer haben historisch sehr unterschiedliche Beziehungen zu Russland und auch wirtschaftlich unterschiedliche Interessen, entsprechend vielfältig ist das Meinungsbild. In einer am Donnerstagabend veröffentlichten Erklärung heißt es dennoch, die EU rufe zu einer gemeinsamen internationalen Reaktion auf und behalte sich das Recht vor, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehörten auch Sanktionen. (dw/dpa)