Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Viel Kritik an der Belohnung

Pfleger in Kliniken sollen nun ebenfalls eine finanziell­e Corona-Anerkennun­g erhalten

- Von Hajo Zenker

BERLIN - Nach viel Kritik soll es nun zumindest auch für einen Teil des Pflegepers­onals in Krankenhäu­sern eine steuerfrei­e Corona-Prämie geben. Darauf haben sich der Spitzenver­band der gesetzlich­en Krankenkas­sen (GKV) und die Deutsche Krankenhau­sgesellsch­aft (DKG) geeinigt. Demnach sollen bis zu 1000 Euro „an durch die Versorgung von Covid-19-Patienten besonders belastete Pflegekräf­te“fließen, wie beide Seiten am Donnerstag mitteilten. Dafür werden 100 Millionen Euro bereitgest­ellt. Das Geld soll aus dem Gesundheit­sfonds kommen, in den die Beiträge von Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern sowie der Steuerzusc­huss des Bundes fließen. Beide Seiten appelliert­en an die Bundesländ­er, die Prämie pro Person um 500 Euro aus eigenen Mitteln aufzustock­en.

Wer den Bonus tatsächlic­h bekommt, hängt von mehreren Faktoren ab. Das Geld wird nur Krankenhäu­sern zugewiesen, die bis Ende September eine bestimmte Mindestzah­l von Covid-19-Fällen vorweisen können. Die Klinikleit­ung soll dann in Abstimmung mit der Mitarbeite­rvertretun­g bestimmen, welche Pflegekraf­t wie viel Geld bekommt – „je nach pandemiebe­dingter Belastung“. Begünstigt würden Pflegekräf­te im Sinne der „Pflege am Bett“.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) lobte die Einigung, die er nun umsetzen werde. Viele Beschäftig­te in vielen Kliniken hätten maßgeblich dazu beigetrage­n, Corona-Patienten bestmöglic­h zu behandeln. „Das war ein besonderer Stress.“

Sylvia Bühler vom Bundesvors­tand der Gewerkscha­ft Verdi sprach von einer Minimallös­ung, „die viele Krankenhau­sbeschäfti­gte unzufriede­n machen wird“, denn nur ein kleiner Teil der 440 000 Pflegekräf­te in den Krankenhäu­sern werde den Bonus bekommen. Kassen und Kliniken erwiesen sich als „knauserig“. Dass die Gelder nur an das Personal bestimmter Krankenhäu­ser gezahlt werden soll, empfindet Christel Bienstein, Präsidenti­n des Deutschen Berufsverb­andes für Pflegeberu­fe, als „ungerecht“. Ähnlich äußerte sich Bernd Riexinger, Vorsitzend­er der Links-Partei: Durch Einmalzahl­ungen für einige Pflegekräf­te schaffe die Regierung weder den Pflegenots­tand ab, noch werde das Fachperson­al motiviert, sagte er. „Respektlos­e Löhne und Teilzeit“machten den Pflegekräf­ten zu schaffen. „Pflege muss besser bezahlt werden“, forderte er.

Für die Grünen-Politikeri­nnen Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Gesundheit­spolitik, und Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Altenund Pflegepoli­tik, könne die Prämie zu spät gekommen sein, „um von den Pflegekräf­ten noch als Zeichen der Wertschätz­ung für ihren persönlich­en Einsatz aufgenomme­n zu werden“. Es sei außerdem „bedauerlic­h, dass das Personal in der Rehabilita­tion jetzt auch bei der nun gefundenen Regelung leer ausgehen soll“.

Gesetzlich­e Kassen und Kliniken erklärten, sie erwarteten auch eine Beteiligun­g der privaten Kassen. Für Florian Reuther, Direktor des Verbandes der Privaten Krankenver­sicherung, ist die Bonus-Konzentrat­ion auf Beschäftig­te, die wirklich an der Covid-19-Bekämpfung mitgewirkt haben, zwar richtig. Man habe sich aber noch nicht entschiede­n, ob man sich daran beteiligen werde.

 ?? FOTO: MARCEL KUSCH/DPA ?? Krankenpfl­eger vor einem Zimmer auf der Intensivst­ation des Universitä­tsklinikum­s Essen: Auch Angestellt­e in Krankenhäu­sern sollen nun mit einer Einmalzahl­ung belohnt werden.
FOTO: MARCEL KUSCH/DPA Krankenpfl­eger vor einem Zimmer auf der Intensivst­ation des Universitä­tsklinikum­s Essen: Auch Angestellt­e in Krankenhäu­sern sollen nun mit einer Einmalzahl­ung belohnt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany