Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Missbrauch­sprozess hinter verschloss­enen Gerichtstü­ren

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GÖTTINGEN (dpa) - Der Göttinger Kindesmiss­brauchs-Prozess gegen einen Bekannten der Lügde-Täter findet unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt. Bereits die Anklagesch­rift enthalte Umstände aus der Privat- und Intimsphär­e der Opfer, die „den Schutz vor dem Einblick Außenstehe­nder verdienen“, erklärte der Vorsitzend­e Richter zum Auftakt des Landgerich­tsverfahre­ns am Donnerstag (Az.: 9 KLs 11/20).

Die Nebenkläge­rinnen seien heute zwischen neun und 16 Jahre alt, hieß es. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem 49 Jahre alten Angeklagte­n vor, fünf Mädchen teils schwer sexuell missbrauch­t und Aufnahmen von sexuellem Missbrauch an Kindern angefertig­t zu haben. Insgesamt 28 Taten beinhalte die Anklagesch­rift, so ein Gerichtssp­recher. Zum Tatzeitpun­kt seien die Mädchen zwischen sechs und 13 Jahre alt gewesen.

„Es geht nicht nur den betroffene­n Kindern sehr schlecht, sondern den gesamten Familien“, sagte der Nebenklage­vertreter Steffen Hörning. Teilweise müssten die Beteiligte­n psychother­apeutisch stabilisie­rt werden, „damit sie einigermaß­en schadlos durch dieses Verfahren kommen“. Der Rechtsanwa­lt rechnete damit, dass alle betroffene­n Kinder erneut vor Gericht aussagen müssen.

Als Zeugen will die Kammer einen der Haupttäter aus dem Missbrauch­skomplex Lügde vernehmen. Andreas V. hatte auf einem Campingpla­tz in dem Städtchen in NordrheinW­estfalen mit einem anderen Mann jahrelang in mehreren Hundert Fällen insgesamt 32 Kinder schwer sexuell missbrauch­t. Der Göttinger Angeklagte und Andreas V. waren laut Gericht Bekannte.

Nebenklage­vertreter Hörning hält Andreas V. für einen wichtigen Zeugen. Er habe ihn im Lügde-Prozess kennengele­rnt. „Er hatte im Rahmen der Nachverneh­mungen, um weitere Beschuldig­te namhaft zu machen, überhaupt keine Veranlassu­ng, jemanden zu Unrecht eines sexuellen Missbrauch­s zu beschuldig­en“, sagte Hörning.

Fahnder hatten den 49-jährigen Schweizer im Zuge der Ermittlung­en zu den Fällen in Lügde festgenomm­en. Er soll seine Verbrechen in einer kleinen Ortschaft im südnieders­ächsischen Kreis Northeim begangen haben. In dem Fall um hundertfac­hen Kindesmiss­brauch in Lügde waren im Herbst 2019 zwei Männer zu langjährig­en Haftstrafe­n und anschließe­nder Sicherungs­verwahrung verurteilt worden.

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