Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gegen ein Vereinssterben
DEB hält an Oberligastart im Oktober fest und drängt auf Hilfe der Politik – EVL-Chef Wucher befürchtet Pleitewelle
LINDAU - Bernd Wucher gibt sich weiter kämpferisch. „Ich habe den großen Glauben daran, dass wir Mitte Oktober starten können“, sagt der Vorsitzende der Lindau Islanders nach eine Videokonferenz aller Clubs der Eishockey-Oberliga und des Deutschen Eishockey-Bunds (DEB) am Mittwochnachmittag. Darin haben sich die Oberligisten darauf verständigt, vorerst am derzeit vorgesehenen Saisonstart am 16./17. Oktober festzuhalten.
Zudem wurde vereinbart, bei der Politik mit Nachdruck für eine Aufnahme der beiden Oberligen als höchste DEB-Ligen in das CoronaHilfspaket der Bundesregierung für professionelle und semi-professionelle Mannschaftssportarten zu werben. Die Oberligisten sind enttäuscht, dass sie gemäß der Richtlinie des Bundesinnenministeriums zu den 200 Millionen Euro schweren „Coronahilfen Profisport“im Gegensatz zu den DEL- und DEL2-Clubs nicht antragsberechtigt sein sollen. „Die Oberliga ist kurz davor, dass Existenzen draufgehen“, sagt Wucher. „Ich habe lange und viel Verständnis für alle Maßnahmen gehabt. Aber wenn nicht bald etwas passiert und wir wieder spielen dürfen, wird es ein Vereinssterben geben.“Darunter würden nicht nur die Profis und Halbprofis in der Oberliga leiden, sondern sehr viele Jugendliche. „Wenn die Einnahmen fehlen, kann man auch die Jugendarbeit nicht aufrechterhalten. Das ist ein Teufelskreis“, sagt Wucher.
Insbesondere kann der Vorsitzende der Islanders nicht verstehen, dass in Bayern – wo alle Vereine der Oberliga Süd beheimatet sind – noch strengere Auflagen als etwa im benachbarten Baden-Württemberg oder auch Österreich gelten. „In einer Zeit, in der alles auf Gleichberechtigung ausgelegt ist, ist es einfach nicht nachvollziehbar.“Große Hoffnung legt Wucher deshalb nun auf die Fußballer. Weil im Freistaat im Gegensatz zu anderen Bundesländern noch immer Amateurspiele verboten sind, erwägt der Bayerische Fußball-Verband (BFV) mittlerweile eine Klage gegen die Bayerische Staatsregierung. „Es ist für die meisten nicht nachvollziehbar, dass wir aktuell den Spielbetrieb nicht starten können, obwohl die Staatsregierung es längst wieder erlaubt, beispielsweise Konzerte oder Gottesdienste unter freiem Himmel zu veranstalten und dabei sogar bis zu 400 Zuschauer zugelassen sind“, erklärte BFVPräsident Reiner Koch.
„Ich hoffe, dass dadurch nochmal Druck reinkommt und sich die Politik endlich bewegt“, sagt EVL-Chef Wucher. „Wir brauchen wieder ein Stück Alltag und einen Regelbetrieb.“In der Tat wird sich das Bayerische Kabinett in seiner Sitzung am 14. September auch mit der Frage zur Rückkehr eines geregelten Sportbetriebs befassen, wie der auch für den Sport zuständige Innenminister Joachim
Herrmann (CSU) am Mittwoch mitteilte. „Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass die aktuelle Regelung dann kippt“, meint Wucher, der zudem auf eine bundesweite Lösung hofft: „Wir brauchen eine länderübergreifende Regelung für alle Sportarten.“
Für die Eishockeyclubs gilt es nun den 14. September und die Entscheidung der Politik abzuwarten. In einer weiteren Videokonferenz mit dem DEB soll dann am 15. September endgültig beschlossen werden, ob die Saison tatsächlich am 16. Oktober beginnen kann. „Unser Ziel für die Oberliga ist es zu spielen und dann zu prüfen, unter welchen Bedingungen das möglich ist“, sagte DEBSportdirektor Stefan Schaidnagel nach der Besprechung am Mittwoch. „Die Zuschauerkapazität wird der entscheidende Knackpunkt sein.“Und weiter: „Gleichzeitig müssen wir den Fakten ins Auge sehen und uns hinsichtlich des Starttermins eine Flexibilität bewahren.“
In Lindau sind nach dem vom EVL erarbeiteten Hygienekonzept rund 500 Zuschauer in der Eissportarena möglich, die auf festgelegte Plätze verteilt werden, um die 1,50 Meter Abstand zu gewährleisten. „Eventuell muss man auch Masken aufsetzen“, erklärt Wucher. Auch für die Kabinen und die verschiedenen Eingänge wurden bereits die benötigten Vorkehrungen getroffen. Das örtliche Ordnungsamt habe bereits positive Signale gegeben, dass das Konzept eine Aufnahme des Spielbetriebs erlauben könnte. „Aber auch die warten auf die Politik“, sagt Wucher. „Wir brauchen jetzt eine Entscheidung. Und wenn die negativ ist, wird es eine Pleitewelle geben.“