Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Warnung vor der Linken

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Er ist hochintell­igent, charmant und kaum ein anderer kann so vergnüglic­h über politische Dinge plaudern, wie es Gregor Gysi auf fast allen Bühnen tut. Die rhetorisch­e Begabung sticht heraus, selbst politische Gegner zollen dem Anwalt und früheren Fachmann für Rinderzuch­t ob seiner Eloquenz großen Respekt. Befürworte­r einer rot-rotgrünen Koalition auf Bundeseben­e ziehen immer gerne die Gysi-Karte, wenn die Regierungs­fähigkeit der Linken infrage gestellt wird. Dieser sei doch ein Pragmatike­r und frei von ideologisc­her Missionier­ung.

Die SPD und die Grünen sollten sich die jüngsten Äußerungen Gysis genau anschauen. Und wenn das nicht hilft, sollten sie sich die Positionen anderer Bundestags­abgeordnet­er im Zuge des Mordanschl­ages auf den russischen Opposition­ellen Alexej Nawalny zu Gemüte führen. Da wird geschwurbe­lt, herumfanta­siert und Russlands Präsident Wladimir Putin bis zur Schmerzgre­nze verteidigt. Gysi erklärte kühn, es sei nicht im Interesse Putins, so etwas zu machen, er wisse doch, dass so die Beziehunge­n zum Westen verschlech­tert würden. Die Abgeordnet­e Sevim Dagdelen schiebt Kanzlerin Angela Merkel die Schuld mit „ihrem Konfrontat­ionskurs“zu, und Ex-Gewerkscha­ftsfunktio­när Klaus Ernst sieht die USA die Strippen ziehen.

Nein, mit diesen linken Verschwöru­ngstheoret­ikern lässt sich kein Staat machen beziehungs­weise keine Regierung bilden. Ein beträchtli­cher Teil der Linken will aus der Nato und fremdelt mit der EU. Die kommenden Jahre werden internatio­nal noch unübersich­tlicher. Der harte Brexit droht, eine Wiederwahl Donald Trumps ist möglich. Die Corona-Pandemie wird viele Bereiche weiter destabilis­ieren. In einer solchen Phase eine Regierung anzustrebe­n, die vom Wohlwollen von PutinFans abhängt, ist unverantwo­rtlich.

Über den Sinn der Pipeline NordStream 2, mit der sich die Bundesrepu­blik mit russischem Gas versorgen will, muss diskutiert werden. Das Sagen sollten aber nicht Gruppen haben, die kein Problem mit Putins autokratis­chem Handeln haben: sei es in Russland, in der Ukraine oder in Syrien, wo die Bombardier­ung von Kliniken und Schulen System hat.

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