Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zu Hause mit dem Coronavirus
Virologen – darunter der Charité-Experte Christian Drosten – schlagen neue Isolations- und Quarantänezeiten vor
BERLIN (dpa) - Jemand hat sich mit dem Coronavirus infiziert – doch wie lange soll er oder sie zu Hause bleiben? Im Betrieb gab es einen CoronaFall – muss das ganze Unternehmen für 14 Tage schließen? In die Diskussion um die Verkürzung der Quarantäneund Isolationsfristen kommt nach einem Vorschlag des Berliner Virologen Christian Drosten Bewegung.
Die Begriffe Isolierung und Quarantäne gehen oft durcheinander und werden nicht immer richtig verwendet. Eine Isolierung oder Isolation betrifft nach Angaben des Gesundheitsministeriums Menschen, die infiziert sind und das Virus ausscheiden. Quarantäne hingegen bezieht sich demnach auf diejenigen, die Kontakt zu Infizierten hatten – und möglicherweise infiziert sind. Mit der Quarantäne soll vermieden werden, dass sie während der Inkubationszeit ungewollt andere Menschen anstecken.
Der Berliner Virologe Christian Drosten hat einen Vorschlag zu dem Thema gemacht. Für Infizierte empfiehlt er: „Ab dem Zeitpunkt der Diagnose geht der Patient noch fünf Tage in Heimisolierung. Dann erfolgt eine Testung und bei niedriger Viruslast eine Aufhebung der Isolierung“, schrieb er am Freitag. Dies gelte natürlich nur bei milden Fällen.
Bei einem bloßen Verdacht auf eine Infektion, also wenn jemand keine Symptome hat und noch nicht getestet wurde, sieht die Sache anders aus. „Hier macht man 14 Tage Quarantäne und wartet auf die Entwicklung von Symptomen“, sagte Drosten. Derzeit laufe auf EU-Ebene eine Diskussion, ob man diesen Zeitraum auch auf zehn Tage reduzieren könne. „Ich denke, das geht. Ich kann mir auch vorstellen, dass man sogar noch ein paar Tage weiter reduzieren kann, zum Beispiel auf sieben Tage. Man kann ausrechnen, welchen Anteil derjenigen Personen, deren Infektion während der 14-tägigen Quarantäne ausbricht, man dann verpasst. Wie viele verpasste Infektionen man zulassen will, ist eine politische Entscheidung. Denn man kann nicht jede Infektion verhindern und muss es aus epidemiologischen Gesichtspunkten auch nicht, wenn nur das Ziel ist, die exponenzielle Ausbreitung zu unterbinden“, sagte Drosten.
Andere Wissenschaftler befürworten auch eine Verkürzung der Quarantäne. „Ja, ich bin ebenfalls der Meinung, dass die Quarantänezeit deutlich kürzer als 14 Tage sein darf und sollte. Wie lange genau, hängt davon ab, wie viel Sicherheits- beziehungsweise Gewissheitsbedürfnis die Behörden haben“, sagt Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. Das gelte aber nur für asymptomatische Kontaktpersonen.
Noch mal anders ist die Lage bei sogenannten Clustern, also Gruppen von Menschen, in denen sich viele Leute mit dem Virus infiziert haben könnten. Dafür führt Drosten den Begriff „Abklingzeit“ein. Bei Drostens Vorschlag geht es um einen Notfallmodus, der dann zur Anwendung kommen solle, wenn die Gesundheitsämter die Fälle nicht mehr verfolgen könnten, die Inzidenz steige und deshalb ein Lockdown unausweichlich erscheine. In solch einem Fall sollen sich die Gesundheitsämter auf Quellcluster konzentrieren, also auf die Cluster, in denen sich ein Fall infiziert hat. „Ich empfehle hier das Vorgehen wie bei der Einzelisolation: fünf Tage Isolierung, danach Testung. Ich empfehle die kurze Zeit von fünf Tagen deswegen, weil Quellcluster eine hohe Synchronizität zeigen: die meisten Infizierten wurden zu einem einzigen Zeitpunkt infiziert“, sagt Drosten.
Das RKI verweist auf seine Webseite. Demnach kommt es bei Erkrankung auf den Verlauf an. Bei einem schweren Krankheitsverlauf können die Kranken nach mindestens 48 Stunden Symptomfreiheit und frühestens zehn Tage nach Symptombeginn aus der Isolierung entlassen werden – wenn zudem ein negativer PCR-Test vorliegt. Bei leichten Verläufen braucht es den negativen PCR-Test nicht, sondern die Kranken können nach 48 symptomfreien Stunden und frühestens zehn Tagen wieder unter Menschen. Und bei einer Infektion ohne Symptome soll die Isolierung erst zehn Tage nach Erstnachweis des Erregers aufgehoben werden.
Die Quarantäne hingegen wird angeordnet, weil jemand ansteckungsverdächtig ist, ohne selbst krank oder krankheitsverdächtig zu sein. Dabei empfiehlt das RKI, 14 Tage lang zu Hause zu bleiben.