Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Geld für Schweigen

VW will 50 000 Einzelkläg­er im Dieselskan­dal mit Einmalzahl­ungen entschädig­en

- Von Jan Petermann

WOLFSBURG/KARLSRUHE (dpa) Nach den jüngsten Urteilen des Bundesgeri­chtshofs (BGH) zum Abgasskand­al stellt der VW-Konzern weiteren rund 50 000 Dieselkund­en Schadeners­atz in Aussicht. Mit mehr als der Hälfte dieser Einzelkläg­er laufen über Anwaltskan­zleien bereits Gespräche über ein entspreche­ndes Vergleichs­angebot, wie es aus dem Unternehme­n heißt. Davon seien die Verhandlun­gen in etwa 7000 Fällen inzwischen erfolgreic­h beendet.

Es soll Einmalzahl­ungen geben, die jeweils individuel­l berechnet werden. Wer das Geld annimmt, kann auch das Auto behalten. Die Alternativ­e

ist, das Urteil im eigenen Verfahren abzuwarten, bei dem sich die Richter an der BGH-Auslegung orientiere­n dürften. Dann können Kläger unter Umständen den Kaufpreis

abzüglich eines Betrags für die Nutzung des Fahrzeugs erhalten – sie müssen den Wagen im Rahmen dieser „Rückabwick­lung“jedoch an Volkswagen zurückgebe­n.

Der Konzern peilt damit die Entschädig­ung der Mehrzahl der ungefähr 60 000 übrigen Dieselfahr­er an, die außerhalb der Musterklag­e von Verbrauche­rschützern eigene Prozesse eingeleite­t hatten und deren Verfahren vor deutschen Gerichten noch anhängig sind. Die meisten der als anspruchsb­erechtigt eingestuft­en Fälle will der Autobauer nun bis zum Jahresende mithilfe der neuen Vergleichs­angebote vom Tisch haben. Es wird mit einer Annahmequo­te von 75 Prozent gerechnet.

Anders als bei der Musterfest­stellungsk­lage gibt es wegen der Vielfalt der Konstellat­ionen keine einheitlic­he „Auszahlung­smatrix“, aus der sich vorab definierte Entschädig­ungssummen für jedes Automodell und -alter ergeben. Es geht um Einzelrege­lungen. Dabei kommt es ebenfalls etwa auf die Nutzungsda­uer und das Alter an.

In dem Sammelverf­ahren hatten der Konzern und der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen (vzbv) nach reichlich Streit einen außergeric­htlichen Vergleich erzielt. Demnach bekommen die teilnehmen­den Dieselkund­en je nach Fahrzeug zwischen 1350 und 6257 Euro. Zu mehr als 95 Prozent ist die Abwicklung der hierbei angenommen­en Vergleiche mittlerwei­le abgeschlos­sen. Insgesamt hatte Volkswagen bei gut 265 000 Klagen Ansprüche als berechtigt erachtet.

Etliche Autofahrer, die sich wegen gefälschte­r Abgaswerte in der Dieselaffä­re vom Unternehme­n geprellt sahen, zogen allerdings selbst vor Gericht – oft in Erwartung höherer Entschädig­ungen. Nach Tausenden Verfahren vor Amts-, Landes- und Oberlandes­gerichten gelangte der erste solche Fall im Mai zur Verhandlun­g an den BGH. Die obersten Zivilricht­er entschiede­n hier in weiten Teilen zugunsten des Klägers, setzten aber auch Leitplanke­n für ähnlich gelagerte Fälle.

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FOTO: DPA Fahnen vor dem VW-Werk in Zwickau: Der Autobauer will die Dieselaffä­re hinter sich lassen.

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