Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ode auf den Weingartener Wochenmarkt
Das ist mal Balsam auf die Weingartener Seele. Wenn ein verdienter freier Mitarbeiter und tief verwurzelter Ravensburger ein Loblied auf den Weingartener Wochenmarkt anstimmt, räume ich dafür natürlich entsprechend Platz frei. Denn oftmals tun einige Ravensburger zwar gerne so, als sei alles in Weingarten zweite Wahl. Nicht so in diesem Fall:
„Weingartener Wochenmarkt Ende August: Überfluss, wohin das Auge reicht. Fast könnte man meinen, im Schlaraffenland angelangt zu sein, so riesig ist das Angebot an regionalen Produkten. Würde auch noch das Bezahlen abgeschafft, wäre das Schlaraffenland jedenfalls perfekt.
Berufstätige sind zu bedauern, denn sie haben mitten in der Woche natürlich keine Zeit, über den Weingartener Wochenmarkt zu bummeln, es sei denn sie befinden sich im Urlaub. Deshalb dominiert die ältere Generation, aber auch viele Mütter mit kleinen Kindern sind unterwegs. Die Atmosphäre: total entspannt. Es geht gemächlich und locker zu jeweils am Mittwoch, dem traditionellen Markttag in der Weingartener Innenstadt. Die Kundschaft an den Ständen weiß es zu schätzen, dass die Händlerinnen und Händler ganz ohne Verkaufsstress immer gut drauf sind und offen für ein Schwätzle und ein Späßle. So viel freundliche Gesichter sieht man sonst nicht. Neben dem Einkauf erfüllt der Weingartener Wochenmarkt nämlich noch eine zweite wichtige Funktion. Denn wo kommen die Leute heutzutage, im Zeitalter weitverbreiteter sozialer Kälte, noch so zwanglos miteinander ins Gespräch?
Gern mischen sich auch Ravensburger unter die Kundschaft, weil sie die entspannte Atmosphäre zu schätzen wissen und das Parken in der Nachbarstadt problemloser ist. Nichts gegen den Ravensburger Wochenmarkt am Samstag, aber wenn man dort nicht zu den Frühaufstehern zählt, kann es passieren, dass man ins Gedränge gerät, in Corona-Zeiten keine gute Situation. Wegen Umbau steht der Gespinstmarkt derzeit als Marktfläche nicht zur Verfügung. Zu begrüßen ist, dass die Ravensburger Stadtverwaltung bestrebt ist, den Wochenmarkt ähnlich wie in Weingarten stärker zu entzerren und auf größere Teile der Altstadt auszudehnen.
Einkehren nach erfolgreichem Einkauf ist in Weingarten natürlich auch kein Problem. Für viele Weingärtler und auch Auswärtige gehört ein Kaffee in einem der Straßencafés zum Wochenmarkt-Ritual. Dort trifft man sich mit Freunden und Bekannten und geht so schnell keineswegs wieder heim, es sei denn, das erstandene frische Gemüse soll sogleich verkocht werden. Fazit: In diesem Landstrich, wo trotz Corona nach wie vor Milch und Honig fließen, lässt es sich auch in Pandemiezeiten sehr gut aushalten.“