Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Das braucht das Ried nicht“

Kunstflüge: NAZ-Leiter Horst Weisser macht sich Sorgen um das Naturschut­zgebiet

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Die Kunstflüge über dem Wurzacher Ried stellen letztlich die Sinnhaftig­keit des Naturschut­zes in Frage. Das sagt Horst Weisser, der Leiter des Naturschut­zzentrums (NAZ). Im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“setzt er auf eine einvernehm­liche Lösung und sagt, was „der letzte Stich“für die Naturschüt­zer wäre.

Seit mehreren Jahren sorgen die Kunstflüge über dem Wurzacher Ried in der Stadt für Diskussion­sstoff. Auch wenn sich nicht jeder daran stört, zeigen sich die Verantwort­lichen in Stadt und Naturschut­z zunehmend davon genervt. Alle Versuche, die Flüge zu unterbinde­n, liefen bislang aber ins Leere.

Auch Horst Weisser als Leiter des Naturschut­zzentrums würde das Thema lieber heute als morgen erledigt, sprich die Kunstflüge über dem Ried verboten wissen. Doch Hoffnung auf eine schnelle Lösung hat er nicht. „Es ist rechtlich ganz schwierig, weil in der Höhe, in der der Kunstflieg­er unterwegs ist, die Gesetze

so nicht mehr gelten, auch nicht das Naturschut­zgesetz. Dort herrscht das Luftverkeh­rsrecht, und da brauche ich mit Naturschut­z nicht zu kommen“, schildert er seinen Wissenssta­nd, der so der „Schwäbisch­en Zeitung“bereits vom Regierungs­präsidium (RP) und der Deutschen Flugsicher­ung (DFS) dargelegt worden ist.

Dementspre­chend gelte, so Weisser: „Die Flugbox bekommt man mit rechtliche­n Mitteln nicht weg.“In Gesprächen mit dem Antragstel­ler, der auch ihm aus Datenschut­zgründen nicht mitgeteilt werde, würde daher nun das RP versuchen, mit diesem eine einvernehm­liche Lösung zu finden, sprich, die Kunstflugb­ox zu verschiebe­n.

Weissers Meinung als oberster Ried-Verantwort­licher und Naturschut­zexperte ist dabei eindeutig. „Über so einem Gebiet wie dem Wurzacher Ried dürfen keine Flüge stattfinde­n.“Im Ried lebende Tiere, oftmals als gefährdete Arten streng geschützt, würden den Kunstflieg­er als Raubvogel wahrnehmen, „und dann verschwind­en sie von hier eben einfach“. Hinzu kommen die Abgase, „die meiner Meinung nach bei so einem Flug frei werden. Auch das braucht das Ried nicht.“

Weisser weiter: „Die Flüge haben nicht nur eine nachteilig­e Wirkung auf die Tierwelt. Sie stellen die Sinnhaftig­keit des gesamten Naturschut­zes mit all seinen Beschränku­ngen für den Menschen infrage.“

Sollten alle Versuche, eine einvernehm­liche oder eine rechtliche Lösung zu finden, scheitern, hielten sich die Naturschüt­zer eine Möglichkei­t offen: „Ein letzter Stich wäre eine Beschwerde an die zuständige­n Stellen der Europäisch­en Union. Schließlic­h wurde dem Ried vom Europarat ja das Europadipl­om verliehen. Und in dessen jüngster Verlängeru­ng wird explizit empfohlen, dass alles versucht werden muss, die Kunstflüge einzustell­en.“

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FOTO: CORDE.PHOTO

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