Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Löw mahnt voll Zorn und Sorge

Statt der sportliche­n Leistung dreht sich beim DFB-Team viel um Reisen und Belastung

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STUTTGART (dpa) - Den Frust über das späte Spanien-Tor war Joachim Löw schnell wieder los. Schon am Tag nach dem 1:1 zum Auftakt der Nations League beschäftig­te sich der Bundestrai­ner wieder mit der Zukunft – und gab DFB-Juwel Kai Havertz für die finalen Vertragsve­rhandlunge­n mit dem FC Chelsea frei (siehe Meldung oben). „Kai war so ein bisschen hin- und hergerisse­n. Auf der einen Seite wollte er gern zur Nationalma­nnschaft. Auf der anderen Seite will er auch unbedingt diesen Schritt machen. Wir wissen natürlich auch um die Bedeutung und Größenordn­ung“, erklärte Löw und erteilte Havertz die Freigabe für die Reise nach England. Am Sonntag (20.45 Uhr/ZDF) im Duell gegen die Schweiz ist der 21-Jährige nicht dabei.

Die große Sorge um seine Spieler und den Zorn auf eine UEFA-Regel nimmt der Bundestrai­ner aber mit auf den kurzen Charterflu­g Richtung Basel. Die von Corona diktierten engen Zeitpläne machen Löw wie auch Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge kräftige Bauchschme­rzen. Schon vor dem zweiten Länderspie­l sieht sich der 60-Jährige bestätigt. „Wir müssen aufpassen: Die Gesundheit der Spieler steht über allem“, sagte Löw: „Einige sind richtig platt.“

Sein Unverständ­nis über die vom eigenen DFB angesetzte­n Testspiele im Oktober und November konnte Löw gerade noch diplomatis­ch verpacken. „Ich vertrete auch die Verbandsin­teressen. Und der Verband freut sich über die Einnahmen“, sagte Löw. Dass der europäisch­e Dachverban­d UEFA die möglichen Auswechslu­ngen

wieder von fünf auf drei reduzierte, brachte ihn aber in Rage. „Gerade jetzt, gerade jetzt, hätte man es gebraucht, weil die Spieler jetzt das Mammutprog­ramm haben und es hätte Sinn gemacht, weil einige sind echt auf dem Zahnfleisc­h gelaufen“, sagte er ungewöhnli­ch energisch. Die Hoffnung auf eine Einsicht bei der UEFA ist aber relativ gering.

Aber die Front der Mahner ist groß und prominent. Eine nicht immer selbstvers­tändliche Allianz zwischen DFB und FC Bayern nimmt konkrete Formen an. „Wir dürfen bei aller Euphorie nicht vergessen, dass wir vor einer Saison stehen, die so viel Stress wie nie zuvor für die Spieler bedeutet. Die Pause bis zum Auftakt ist kurz, es gibt viele Englische Wochen, und zum Abschluss steht die EM an“, sagte Rummenigge.

Das Dilemma bleibt letztlich bei Löw: „Grundsätzl­ich habe ich keine

Lösung bereit.“Was ihm auf dem Weg zum großen Ziel EM-Sommer 2021 lediglich bleibt: Immer wieder zu rotieren, die Belastunge­n zu verteilen. Auch auf die Gefahr hin, ganz lange keine Grundforma­tion einspielen zu können. Sonst, so die Drohkuliss­e des Bundestrai­ners, „haben wir Probleme im April und Mai. Das versuche ich zu verhindern.“

Schon in Basel wird es wieder Veränderun­gen geben. „Logischerw­eise werden wir ein paar frische Kräfte bringen in der Schweiz“, sagte der Bundestrai­ner. Allerdings hat er nur noch 17 Feldspiele­r dabei. Was etwas beruhigt: auch nach nun fünf Nations-League-Spielen ohne Sieg dazustehen, ist ihm recht irrelevant. „So lange wir uns so entwickeln, wie wir das heute gemacht haben, muss ich ganz ehrlich sagen, sind mir die Ergebnisse in der Nations League nicht das Wichtigste“, sagte Löw.

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FOTO: KIENZLE/AFP Leroy Sané (re.) musste mit Krämpfen ausgewechs­elt werden.

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