Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ferrari fährt hinterher, der Ex-Boss hält zu Vettel
Das Training zum Heimrennen in Monza ist das übliche Fiasko – Luca di Montezemolo kritisiert fehlenden Rückhalt für den deutschen Star
MONZA (SID) - Sebastian Vettel rutschte wild hin und her, Charles Leclerc kam aus dem Fluchen kaum heraus: Auch das Heimrennen in Monza droht für Ferrari zum Trauerspiel zu werden. Im freien Training zum Großen Preis von Italien kam der Heppenheimer Vettel in der Kombination beider Einheiten nicht über den indiskutablen 13. Platz hinaus.
Sein monegassischer Teamkollege Leclerc, immerhin Vorjahressieger, belegte Rang zehn – und schimpfte am Funk wie ein Rohrspatz: „Dieses Auto ist so schwer zu fahren.“19-mal hat Ferrari in Monza gewonnen, häufiger als jedes andere Team. Ein Erfolg am Sonntag (15.10 Uhr/RTL und Sky) erscheint wie reinste Utopie.
Der Prestige-Sieg im Königlichen Park dürfte allein über Mercedes führen. Weltmeister und WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton (England/1:20,192 Minuten) und der Finne Valtteri Bottas (+0,262 Sekunden) belegten erwartungsgemäß souverän die Plätze eins und zwei, während Ferrari auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke vor den Toren Mailands wieder einmal die Schwäche des eigenen Antriebs sowie die verheerende Aerodynamik des SF1000 vor Augen geführt bekam.
Der viermalige Weltmeister Vettel (33), vor Wochenfrist nur 13. beim Großen Preis von Belgien, war bei seinem besten Versuch sage und schreibe 1,541 Sekunden langsamer als Hamilton. Dazu leistete sich Vettel einen Dreher und gleich mehrere Ausritte in den Kies. Leclerc musste der Deutsche um etwas mehr als zwei Zehntel den Vortritt lassen. Schon im Vorfeld hatte Vettel geunkt: „Gefunden haben wir nichts. Eine Schraube zu drehen und alles ändert sich, das ist Wunschdenken.“
Der langjährige Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo hat derweil fehlenden Rückhalt für Vettel bei der Scuderia beklagt. „Sebastian muss sich – wie Michael Schumacher – zu Hause fühlen, er braucht wie Michael ein Umfeld, das ihn unterstützt, das ihn verteidigt und ihn vor allem schützt. Das war bei Michael mit Jean Todt der Fall und ich habe das zu meinen Anfangszeiten mit Niki Lauda getan“, sagte di Montezemolo.
Vettel muss Ferrari am Saisonende nach sechs Jahren verlassen. Im Gegensatz zu seinem Idol Schumacher wird er ohne den Titel für Ferrari gehen. Seine Zukunft ist noch ungewiss. Unter di Montezemolo feierte Schumacher alle seine fünf WMTitel mit Ferrari.
Als Missverständnis will di Montezemolo, von 1991 bis 2014 FerrariBoss, die Verbindung Vettel-Scuderia aber nicht betrachten. „Sebastian hat nie Ärger gemacht, immer im Team gearbeitet. Er hat Siege geholt, die andere nicht geholt hätten, in einem Auto, das nicht immer konkurrenzfähig war“, sagte der Italiener.
Massiv kritisierte der Ex-Boss die Auflösung der Zusammenarbeit. „Das Timing und die Art der Trennung von Seb haben mir überhaupt nicht gefallen“, so der 73-Jährige. „Überall im Leben stehen Veränderungen an. Aber es geht um die Art und Weise.“Im Mai hatten Ferrari und Vettel noch von einer gemeinsamen Trennung gesprochen. Später berichtete der Deutsche enttäuscht von der Ausmusterung durch Teamchef Mattia Binotto.