Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Das große, vor allem aber lange Finale
Albschäferweg, Folge 6: Über Landesgrenzen hinweg geht es zurück nach Giengen an der Brenz
Das Beste kommt zum Schluss, heißt es landläufig. In diesem Fall ist es nicht unbedingt das Beste, sicher aber das Längste. Denn die letzte Etappe des Albschäferwegs von Ballmertshofen zum Ausgangspunkt nach Giengen an der Brenz misst 21,1 Kilometer. Ein furioses Finale also, denn die zehnte Etappe hat es in sich. Die über 300 Höhenmeter befinden sich nämlich fast komplett im ersten Drittel der Tour. Das bedeutet, der Wanderer muss ganz schön schnaufen und bei entsprechendem Wetter auch schwitzen, wenn es hinaufgeht vom Ufer der Egau in Ballmertshofen zum Heuberg und schließlich in den Staufer Forst. Laut Infotafel mitten im Wald liegt auch der höchste Punkt des Landkreises Dillingen an der heutigen Strecke.
Doch zuvor geht es über ausgebaute Feldwege zur Kapelle Maria Steinbrunn mit einem Gnadenbild der Muttergottes aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Gleich neben der Kapelle ist ein hübscher Picknickplatz angelegt, der einen wunderbaren Blick ins Tal bietet und ideal für eine Frühstückspause sozusagen unterm Schutz der Madonna ist. Am besten also morgens das Frühstück ausfallen lassen, dafür Kaffee und belegte Brötchen oder Butterbrezeln einpacken und hier die erste Rast einlegen. An besonders heißen Tagen sorgt eine kleine Kneippanlage bei der Kapelle für Abkühlung.
Doch der Morgen ist noch jung und frisch, weshalb die Wanderschuhe an den Füßen bleiben und gleich nach dem stärkenden Frühstück der Weitermarsch in Angriff genommen wird. Nicht ohne im Vorbeigehen einen verstohlenen Blick in die wunderschön angelegten Gärten der Zöschinger zu werfen. Dann ist es sowieso erst einmal vorbei mit der Weitsicht, denn der Albschäferweg führt jetzt kilometerlang durch Waldgebiet.
Bislang war Vogelgezwitscher das dominierende Geräusch in der Luft, plötzlich aber ist ein dumpfes, regelmäßiges
Sommerzeit Rauschen zu vernehmen. Nicht unangenehm, doch bis dato unbekannt. Zuordnen lässt es sich aber schnell nach einem Blick in den Himmel: Die sich vermeintlich langsam drehenden, riesigen Rotoren dreier Windräder verursachen dieses Geräusch. Mitten im Zöschinger Forst steht der erste bayerische Bürgerwindpark, und der Albschäferweg führt direkt daran vorbei. Selten kommt man den modernen Windmühlen so nahe.
Bei Oggenhausen führt der Albschäferweg über die bayerische Grenze wieder zurück nach BadenWürttemberg. Was an dem Wanderer allerdings spurlos vorübergeht. Er hat längst seinen Rhythmus gefunden und hält strikt Kurs auf Giengen. Als es beim Schratenhof aus dem Wald herausgeht, öffnet sich der Blick auf das Brenztal. Jetzt dominieren wieder die typischen Wacholderheiden die Landschaft und – welch ein Glück! – tatsächlich taucht noch einmal eine Schafherde auf, die sich genüsslich an einem Hang, nur wenige Kilometer von der Stadt entfernt, satt frisst.
Auch eine letzte Schäferstele steht kurz vor Giengen am Wanderweg. Sie informiert noch einmal über das Schäferwesen auf der Schwäbischen Alb und insbesondere über das Höllbachtal. Überschrieben ist die Infotafel mit „Ausblick vom Rande der Hölle“. Dem Albschäferwegwanderer allerdings erscheint der Anblick von Giengen viel eher wie das Paradies. Weiß er doch, dass er unten in der Stadt sein Ziel erreicht, heute über 21 und insgesamt fast 160 Kilometer auf dem Albschäferweg zurückgelegt hat. Wenn das kein Grund zur Freude ist! Und ein bisschen stolz darf er auch sein.
Aber es soll ja ganz Ehrgeizige geben, genauso wie Genügsame. An beide Gruppen haben die Initiatoren und Gestalter des Albschäferwegs gedacht. Denn wer nach 160 Kilometern immer noch nicht genug hat von der reizvollen Ostalb oder gar vom Wandern, kann zusätzlich noch eine oder auch alle zehn sogenannten Zeitspuren des Albschäferwegs abwandern.
Auch jenen, die nur einen Tag lang wandern oder erst mal in den Albschäferweg reinschnuppern wollen, seien diese zehn Zeitspuren empfohlen. Dabei handelt es sich um abwechslungsreiche Rundwanderungen, die zwischen sechs und 20 Kilometer lang sind und in der Regel zu den besonders sehenswerten Abschnitten des Albschäferwegs führen. Dazu gehören zum Beispiel die Rundwanderungen durch das Eselsburger Tal mit den Steinernen Jungfrauen, der Meteorkraterweg rund um das Steinheimer Kraterbecken und die Brenzquellrunde zum Itzelberger See.