Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wo Fontane frohlockte und Beethoven die Natur genoss
Natur- und Kulturerlebnis verbinden – Viele Wanderrouten auf den Spuren von Dichtern und Denkern sind überaus sehenswert
Wandern ist eine schöne Möglichkeit, Deutschlands Natur und Kultur fern der Touristenmassen auf eigene Faust zu entdecken. Ein gut ausgebautes Netz an Wanderwegen für kurze und längere Distanzen steht zur Wahl. Einige Wege wurden in der Vergangenheit bereits von namhaften Persönlichkeiten zurückgelegt und bieten ganz neue Eindrücke. Eine Auswahl:
Beethoven-Wanderweg: Rund um Königswinter
Vor 250 Jahren wurde Ludwig van Beethoven in Bonn geboren. Der große Komponist liebte neben der Musik auch die Umgebung seiner Heimat, in die er schon als Jugendlicher gern Ausflüge unternahm. Anlässlich des Beethoven-Jahres wurde im Siebengebirge ein neuer Rundwanderweg angelegt, der an die Aufenthalte im Kloster Heisterbach, auf dem Petersberg und auf dem Drachenfelsplateau erinnert. Die rund 15 Kilometer lange Route führt teils über den Rheinsteig und ist mit knapp 600 Metern Höhendifferenz durchaus anspruchsvoll. Dafür bietet die mit einem grünen „B“gekennzeichnete Strecke wunderbare Ausblicke. Stelen am Wegesrand informieren über das Leben und Wirken Beethovens sowie die Naturlandschaft um 1780.
Fontane-Wege: Mit dem Dichter durch die Mark Brandenburg
Wer rund um Berlin wandern möchte, kommt an Theodor Fontane nicht vorbei. Der 1819 in Neuruppin geborene Schriftsteller hat die stille Poesie seiner Heimat in „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ausführlich beschrieben. Insgesamt sechs Fontane-Wege sind ausgeschildert. So ist zum Beispiel auf dem Weg F1 eine etwa zehn Kilometer lange Wanderung vom Bahnhof Berlin-Köpenick zum Müggelsee möglich. Mit dem F5 führt ein überregionaler Wanderweg von Saarmund nach Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf. Erst 2019 wurde für Radfahrer im Nordwesten Brandenburgs die Route Fontane-Rad neu angelegt. Die Hauptstrecke von Oranienburg über Rheinsberg, Havelland und Ruppiner Seenland bis nach Potsdam ist knapp 300 Kilometer lang und mit Infotafeln beschildert.
Grimmsteig: Märchenhaftes Nordhessen entdecken
Ihre weltberühmten Kinder- und Hausmärchen sammelten Jacob und Wilhelm Grimm zwischen 1798 und 1814 in der Region um Kassel und Marburg. Etliche Beschreibungen orientieren sich an nordhessischen Landschaften. Wanderern bietet der Grimmsteig Gelegenheit, das Bergland zwischen Kassel und dem Kaufunger Wald näher kennenzulernen.
Die etwa 85 Kilometer lange Rundwanderstrecke ist in fünf Tagesetappen unterteilt und führt über den Hohen Meißner, wo Frau Holle ihre Betten ausgeschüttelt haben soll. Trotz 500 Höhenmetern eignen sich die Etappen auch für wenig trainierte Wanderer.
In der Universitätsstadt Marburg lockt der Grimm-Dich-Pfad mit zehn Märchenfiguren an Häusern, Treppen und Mauern zum Aufstieg durch die historische Altstadt. Den steilen Weg zum Schloss legten die GrimmBrüder während ihrer Studienzeit oft zurück.
Pilgerweg: Innehalten im Naheland mit Hildegard von Bingen
Einen tiefen Einblick in das Wirken der Heiligen Hildegard von Bingen erhalten Wanderer auf dem Pilgerweg von Idar-Oberstein nach Bingen am Rhein. Die knapp 140 Kilometer lange Strecke ist in zehn Etappen aufgeteilt. Unterwegs sind verschiedene Lebensstationen der Äbtissin und Heilkundlerin aus dem 12. Jahrhundert dokumentiert. Neben Informationen über ihr Leben im Kloster Disibodenberg verweisen meditative Tafeln auf die spirituelle Seite der Heiligen und laden zum Innehalten und Meditieren ein.
Goethewanderweg: Durch Wälder und Täler Thüringens streifen Johann Wolfgang von Goethe streifte gern zu Fuß durch die Natur. Auf dem 20 Kilometer langen Wanderweg von seinem ehemaligen Amtshaus in Ilmenau nach Stützerbach lernen Wanderer die Lieblingsplätze des Dichters kennen. Die Landschaft des Thüringer Waldes ist hier von weiten Tälern, engen Felsschluchten und satten Bergwiesen geprägt. Schöne Aussichten auf das Ilmtal verspricht der Große Hermannstein. Höhepunkt der Wanderung ist das Goethehäuschen auf dem Kickelhahn, wie der Ilmenauer Hausberg genannt wird. Hier schrieb Goethe 1780 „Wandrers Nachtlied“, eines seiner schönsten Gedichte. Vorbei am Knöpfelstaler Teich endet die Tour im Goethemuseum von Stützerbach.
Heinrich-Heine-Weg: Den Gipfel des Harzes erklimmen
Es gibt einige Fußwege, die auf den Brocken führen. Die von Heinrich Heine 1824 auf seiner Harzreise bevorzugte Route gilt als schönste Strecke, um auf den höchsten Berg des Harzes zu gelangen. Der zwölf Kilometer lange Wanderweg führt durch urwüchsige Buchenwälder und an bizarren Felsformationen vorbei. Er startet in Ilseburg und folgt dem Flüsschen bis zu den Ilsefällen. Während des Aufstiegs müssen rund 800 Höhenmeter überwunden werden. Von den Bismarck-Klippen hat man einen grandiosen Panoramablick auf die Eckertalsperre und das nördliche Harzland.