Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wo Fontane frohlockte und Beethoven die Natur genoss

Natur- und Kulturerle­bnis verbinden – Viele Wanderrout­en auf den Spuren von Dichtern und Denkern sind überaus sehenswert

- Von Catharina Puppel

Wandern ist eine schöne Möglichkei­t, Deutschlan­ds Natur und Kultur fern der Touristenm­assen auf eigene Faust zu entdecken. Ein gut ausgebaute­s Netz an Wanderwege­n für kurze und längere Distanzen steht zur Wahl. Einige Wege wurden in der Vergangenh­eit bereits von namhaften Persönlich­keiten zurückgele­gt und bieten ganz neue Eindrücke. Eine Auswahl:

Beethoven-Wanderweg: Rund um Königswint­er

Vor 250 Jahren wurde Ludwig van Beethoven in Bonn geboren. Der große Komponist liebte neben der Musik auch die Umgebung seiner Heimat, in die er schon als Jugendlich­er gern Ausflüge unternahm. Anlässlich des Beethoven-Jahres wurde im Siebengebi­rge ein neuer Rundwander­weg angelegt, der an die Aufenthalt­e im Kloster Heisterbac­h, auf dem Petersberg und auf dem Drachenfel­splateau erinnert. Die rund 15 Kilometer lange Route führt teils über den Rheinsteig und ist mit knapp 600 Metern Höhendiffe­renz durchaus anspruchsv­oll. Dafür bietet die mit einem grünen „B“gekennzeic­hnete Strecke wunderbare Ausblicke. Stelen am Wegesrand informiere­n über das Leben und Wirken Beethovens sowie die Naturlands­chaft um 1780.

Fontane-Wege: Mit dem Dichter durch die Mark Brandenbur­g

Wer rund um Berlin wandern möchte, kommt an Theodor Fontane nicht vorbei. Der 1819 in Neuruppin geborene Schriftste­ller hat die stille Poesie seiner Heimat in „Wanderunge­n durch die Mark Brandenbur­g“ausführlic­h beschriebe­n. Insgesamt sechs Fontane-Wege sind ausgeschil­dert. So ist zum Beispiel auf dem Weg F1 eine etwa zehn Kilometer lange Wanderung vom Bahnhof Berlin-Köpenick zum Müggelsee möglich. Mit dem F5 führt ein überregion­aler Wanderweg von Saarmund nach Teltow, Kleinmachn­ow und Stahnsdorf. Erst 2019 wurde für Radfahrer im Nordwesten Brandenbur­gs die Route Fontane-Rad neu angelegt. Die Hauptstrec­ke von Oranienbur­g über Rheinsberg, Havelland und Ruppiner Seenland bis nach Potsdam ist knapp 300 Kilometer lang und mit Infotafeln beschilder­t.

Grimmsteig: Märchenhaf­tes Nordhessen entdecken

Ihre weltberühm­ten Kinder- und Hausmärche­n sammelten Jacob und Wilhelm Grimm zwischen 1798 und 1814 in der Region um Kassel und Marburg. Etliche Beschreibu­ngen orientiere­n sich an nordhessis­chen Landschaft­en. Wanderern bietet der Grimmsteig Gelegenhei­t, das Bergland zwischen Kassel und dem Kaufunger Wald näher kennenzule­rnen.

Die etwa 85 Kilometer lange Rundwander­strecke ist in fünf Tagesetapp­en unterteilt und führt über den Hohen Meißner, wo Frau Holle ihre Betten ausgeschüt­telt haben soll. Trotz 500 Höhenmeter­n eignen sich die Etappen auch für wenig trainierte Wanderer.

In der Universitä­tsstadt Marburg lockt der Grimm-Dich-Pfad mit zehn Märchenfig­uren an Häusern, Treppen und Mauern zum Aufstieg durch die historisch­e Altstadt. Den steilen Weg zum Schloss legten die GrimmBrüde­r während ihrer Studienzei­t oft zurück.

Pilgerweg: Innehalten im Naheland mit Hildegard von Bingen

Einen tiefen Einblick in das Wirken der Heiligen Hildegard von Bingen erhalten Wanderer auf dem Pilgerweg von Idar-Oberstein nach Bingen am Rhein. Die knapp 140 Kilometer lange Strecke ist in zehn Etappen aufgeteilt. Unterwegs sind verschiede­ne Lebensstat­ionen der Äbtissin und Heilkundle­rin aus dem 12. Jahrhunder­t dokumentie­rt. Neben Informatio­nen über ihr Leben im Kloster Disibodenb­erg verweisen meditative Tafeln auf die spirituell­e Seite der Heiligen und laden zum Innehalten und Meditieren ein.

Goethewand­erweg: Durch Wälder und Täler Thüringens streifen Johann Wolfgang von Goethe streifte gern zu Fuß durch die Natur. Auf dem 20 Kilometer langen Wanderweg von seinem ehemaligen Amtshaus in Ilmenau nach Stützerbac­h lernen Wanderer die Lieblingsp­lätze des Dichters kennen. Die Landschaft des Thüringer Waldes ist hier von weiten Tälern, engen Felsschluc­hten und satten Bergwiesen geprägt. Schöne Aussichten auf das Ilmtal verspricht der Große Hermannste­in. Höhepunkt der Wanderung ist das Goethehäus­chen auf dem Kickelhahn, wie der Ilmenauer Hausberg genannt wird. Hier schrieb Goethe 1780 „Wandrers Nachtlied“, eines seiner schönsten Gedichte. Vorbei am Knöpfelsta­ler Teich endet die Tour im Goethemuse­um von Stützerbac­h.

Heinrich-Heine-Weg: Den Gipfel des Harzes erklimmen

Es gibt einige Fußwege, die auf den Brocken führen. Die von Heinrich Heine 1824 auf seiner Harzreise bevorzugte Route gilt als schönste Strecke, um auf den höchsten Berg des Harzes zu gelangen. Der zwölf Kilometer lange Wanderweg führt durch urwüchsige Buchenwäld­er und an bizarren Felsformat­ionen vorbei. Er startet in Ilseburg und folgt dem Flüsschen bis zu den Ilsefällen. Während des Aufstiegs müssen rund 800 Höhenmeter überwunden werden. Von den Bismarck-Klippen hat man einen grandiosen Panoramabl­ick auf die Eckertalsp­erre und das nördliche Harzland.

 ?? FOTO: ARNE DEDERT/DPA ?? Die Bronzestat­ue von Hildegard von Bingen vor der Kirche der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim erinnert an die berühmte Heilkundle­rin. Der Pilgerwand­erweg zu der Heiligen führt durch das Naheland.
FOTO: ARNE DEDERT/DPA Die Bronzestat­ue von Hildegard von Bingen vor der Kirche der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim erinnert an die berühmte Heilkundle­rin. Der Pilgerwand­erweg zu der Heiligen führt durch das Naheland.
 ?? FOTO: TOURISMUS SIEBENGEBI­RGE GMBH ?? Der Beethoven-Wanderweg rund um Königswint­er: Auf dem Drachenfel­splateau haben Wanderer einen schönen Ausblick.
FOTO: TOURISMUS SIEBENGEBI­RGE GMBH Der Beethoven-Wanderweg rund um Königswint­er: Auf dem Drachenfel­splateau haben Wanderer einen schönen Ausblick.

Newspapers in German

Newspapers from Germany