Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Risiko Starkregen

Jedes Jahr fluten Überschwem­mungen etliche Keller – Eigenheimb­esitzer sind selten gegen diese Gefahr versichert

- Von Monika Hillemache­r

Alles Gute kommt von oben? Nicht unbedingt. Während die Natur Regen dringend braucht, vermiest der Niederschl­ag so manchem die Laune. Massiver Regen kann sogar Schaden anrichten: Bäche treten über die Ufer, Keller laufen voll. Hausbesitz­er haben dann mit der Rettung von Hab und Gut alle Hände voll zu tun. Finanziell­en Ersatz gibt es nur mit der richtigen Versicheru­ng.

In Deutschlan­d regnet es seit fast 20 Jahren immer häufiger immer stärker. Oftmals sind es eng begrenzte Gebiete, auf die Wassermass­en für wenige Minuten kräftig niederpras­seln. Starkregen gibt es in allen Regionen. „Gerade kurze heftige Niederschl­äge treten in ganz Deutschlan­d mit ähnlich hoher Wahrschein­lichkeit auf “, sagt Katharina Lengfeld vom Deutschen Wetterdien­st (DWD) in Offenbach am Main.

Der DWD warnt vor Starkregen, wenn entweder in einer Stunde zwischen 15 und mehr als 40 Liter Wasser auf einen Quadratmet­er fallen oder in sechs Stunden zwischen 20 und 60 oder mehr Liter herunterko­mmen. Überschwem­mungen folgen häufig auf Dauerregen.

Obwohl fast überall mit Starkregen und Überschwem­mungen zu rechnen ist, unterschät­zen Hausbesitz­er nach Ansicht des Gesamtverb­ands der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) das Risiko. Lediglich sechs Prozent hätten es auf dem Schirm, konstatier­t die Branchenve­rtretung auf Basis einer Umfrage. Dabei sind die Schäden enorm. Rund eine halbe Milliarde Euro waren es 2018.

Meistens trifft es den Keller. Doch „für Schäden durch Hochwasser, plötzliche Unwetter und Starkregen kommt weder die normale Hausratnoc­h die Wohngebäud­eversicher­ung auf“, erläutert Julia Alicia Böhne vom Bund der Versichert­en.

Damit fällt der Schutz weg für das, was gemeinhin im Keller untergebra­cht ist: Heizungs- und Elektroanl­agen, Öltanks, Kühltruhen, Waschmasch­inen, alte Möbel, Getränke und Werkzeug bis hin zum teuren EBike – im Untergesch­oss lagern Gegenständ­e im Wert von durchschni­ttlich rund 15 400 Euro, wie der GDV ausgerechn­et hat.

Am teuersten sei die Haustechni­k. Auf sie allein entfielen geschätzt 9700 Euro. Nicht einbezogen sind Dinge wie Dokumente, die ebenfalls oft im Keller deponiert werden.

Die zerstörten Gegenständ­e müssen Hausbesitz­er in der Regel aus eigener Tasche ersetzen. Das kann richtig ins Geld gehen, zumal oftmals nicht nur Inventar in Mitleidens­chaft gezogen ist, sondern auch das Haus selbst. Das hat kostspieli­ge Sanierungs­arbeiten zur Folge.

Neben der üblichen Trocknung muss eventuell sogar der Boden raus.

„Bei schwimmend­em Estrich muss das Wasser fachgerech­t abgesaugt und danach fachgerech­t getrocknet werden, sonst kann Feuchtigke­it zu Schimmel führen“, beschreibt der Berater des Verbands Privater Bauherren (VPB), Marc Ellinger aus Freiburg eine teure Maßnahme. Sind Fäkalienke­ime eingedrung­en, müsse der Bodenaufba­u zumeist ganz zurückgeba­ut und die Oberfläche aufwendig desinfizie­rt werden.

Wer das nicht selbst bezahlen will, sollte über eine Elementars­chadenvers­icherung nachdenken. „Diese gibt es als Zusatz zur Wohngebäud­ebeziehung­sweise Hausratver­sicherung“, sagt Böhne. Die Police deckt sowohl Naturgefah­ren wie Starkregen, Überschwem­mung, Schneelawi­nen und Erdbeben ab, als auch Rückstau. Der entsteht, wenn Wasser durch die Kanalisati­on ins

Gebäude eindringt und aus Toiletten und Waschbecke­n sprudelt.

Die Elementarv­ersicherun­g leistet bis hin zum Neubau eines Hauses und sie deckt Kosten für eine andere Unterkunft und sogar mögliche Mietverlus­te ab. Liegt ein Haus in der Nähe eines Fließgewäs­sers, sollte dies bei Vertragsab­schluss unbedingt angegeben werden. Die Risiken Hagel, Sturm und Feuer sind in der klassische­n Gebäudever­sicherung erfasst.

Marc Ellinger empfiehlt, bereits beim Hausbau auf Schutz vor Wassermass­en zu achten. Das Gebäude sollte so profiliert sein, dass Wasser vom Haus wegläuft, Kellerfens­ter nicht Richtung Keller entwässern.

Eine Rückstausi­cherung hält Ellinger für ein Muss. Sie verhindert, dass Wasser aus der Kanalisati­on ins Haus zurückflie­ßt. Entweder die

Lichtschäc­hte oder die Kellerfens­ter sollten bei Druckwasse­r oder aufstauend­em Sickerwass­er druckwasse­rdicht ausgebilde­t sein.

Kommt dennoch Wasser rein, greift unter Umständen die Elementars­chadenvers­icherung. Voraussetz­ung sei zum Beispiel, dass der Eigenheimb­esitzer die Rückstausi­cherung regelmäßig betätige und warten lasse. „Das vergessen sie alle“, warnt Ellinger aus Erfahrung. Die Wartung ist zu dokumentie­rten, deshalb am besten die Rechnung aufheben.

Üblicherwe­ise ist einflutend­es Grundwasse­r nicht versicherb­ar. Für diejenigen, die wichtige Dinge vor Wasser schützen wollen, hat Marc Ellinger einen simplen Tipp: „Es machen, wie die Menschen im Mittelalte­r: Wertvolles nie nach unten schaffen, sondern nach oben ins Dachgescho­ss.“(dpa)

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FOTO: FRANZ-PETER TSCHAUNER/DPA Starke Regenfälle sorgen immer wieder für überflutet­e Keller. Die Schäden sind oft nicht versichert.

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