Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mit Fiebermess­en und Vibration zum CDU-Parteitag

Die Parteispit­ze hält trotz Corona am Stuttgarte­r Wahltermin für einen neuen Chef fest

- Von Klaus Wieschemey­er

BERLIN - Die CDU ist an diesem Montag selbstzufr­ieden. Man habe bei der Kommunalwa­hl in Nordrhein-Westfalen klar gewonnen, schwärmt Generalsek­retär Paul Ziemiak. Zudem konnte sich Parteichef­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r im Bundesvors­tand mit Vorschläge­n zu einem neuen Grundsatzp­rogramm und zur Frauenquot­e in der Partei durchsetze­n. Dass die Erfolge dann aber doch nicht so hoch gewertet werden, sieht man daran, dass nicht die Chefin, sondern nur ihr General den Journalist­en Rede und Antwort steht.

Wie bewertet die Bundes-CDU die Wahl in Nordrhein-Westfalen?

Hält die CDU trotz Corona am Parteitag in Stuttgart fest, bei dem auch der neue Parteivors­itzende gewählt werden soll?

Ja, allerdings soll der ursprüngli­ch auf mehrere Tage angesetzte Jubiläumsp­arteitag zu 75 Jahren CDU stark eingekürzt und abgespeckt werden. Am 3. Dezember sollen Präsidium und Bundesvors­tand tagen: Am nächsten Morgen soll der Parteitag beginnen und am Nachmittag enden. Auf dem Programm stehen demnach nur die Rede der scheidende­n Parteichef­in, die Aussprache darüber und die Wahl des Nachfolger­s und des neuen Parteivors­tands.

Wie soll ein Parteitag mit 1001 Delegierte­n unter Corona-Bedingunge­n funktionie­ren?

Indem es besondere Hygiene- und Abstandsvo­rschriften geben soll. So ist geplant, dass die Delegierte­n feste Plätze zugewiesen bekommen. Zudem soll jeder Teilnehmer ein „Badge“bekommen. Dieses Band soll per Vibration warnen, wenn man einem anderen Teilnehmer näher als 1,5 Meter kommt. Geplant sind überdies Einlasskon­trollen mit Fiebermess­ung, zudem sollen Delegierte, Mitarbeite­r und Journalist­en räumlich getrennt werden. Alle Teilnehmer werden zudem aufgerufen, sich die Corona-Warn-App der Bundesregi­erung aufs Mobiltelef­on zu laden. Da neben den parteitags­üblichen Tuschelrun­den auch ausländisc­he Gäste, Gastredner und auch die üblichen Stände von Sponsoren und Verbänden voraussich­tlich fehlen, dürfte dieser Parteitag tatsächlic­h einen ganz anderen Charakter haben als frühere Treffen.

Was passiert, wenn Stuttgart vor dem Parteitag zum Corona-Hotspot wird?

Sollte das Gesundheit­samt den Parteitag in Stuttgart verbieten, gibt es zumindest mittelfris­tig noch einen Ausweichor­t, sagte Ziemiak. Sollte eine zweite Coronawell­e Anfang Dezember ganz Deutschlan­d erfassen, liegt der Parteitag Ziemiak zufolge „nicht mehr in meiner Entscheidu­ngskompete­nz, sondern in der der Behörden“. Was dann passiert, ist offen.

Warum ist der Parteitag für die CDU so wichtig?

Weil bei ihm geklärt werden soll, wer nach dem angekündig­ten Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbaue­r neuer CDU-Chef wird. Denkbar ist, dass der Parteichef dann auch Anspruch auf die Kanzlerkan­didatur von CDU und CSU erheben könnte. Und die Zeit läuft: In nicht einmal einem Jahr ist Bundestags­wahl.

Wird ein Mann CDU-Chef? Sehr wahrschein­lich, denn bislang gelten die drei Nordrhein-Westfalen Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen als aussichtsr­eiche Bewerber. Es gibt zwar weitere, aber die sind noch nicht öffentlich. Berichte, die Parteispit­ze wolle mit Agrarminis­terin Julia Klöckner eine Frau ins Rennen schicken, verwies die ins Reich der Märchen. Anders als voriges Jahr bei der Bundes-SPD sind übrigens bisher keine zentral geplanten Kandidaten­vorstellun­gen vorgesehen.

Warum veranstalt­et die CDU den Parteitag nicht virtuell?

Weil ein Präsenzpar­teitag bislang zwingend vorgegeben ist. Allerdings wolle man einen Weg finden, virtuelle Parteitage rechtssich­er zu veranstalt­en. Nicht nur wegen Corona, sondern generell, betont Ziemiak.

Will die CDU Frauen künftig stärker fördern?

Das zumindest sieht ein Vorstoß von Kramp-Karrenbaue­r vor, hinter den sich am Montag der CDU-Vorstand gestellt hatte. Demnach will die Partei bis zum Jahr 2025 schrittwei­se eine Frauenquot­e von bis zu 50 Prozent einführen. Das soll bei Kreisvorst­änden ebenso gelten wie für die ersten zehn Listenplät­ze bei LandtagsBu­ndestags- und Europawahl­en. Doch ob das Ganze so kommt, ist noch offen. Über die neue Quote entscheide­n soll der jetzige Parteitag coronabedi­ngt noch nicht. Erst im kommenden Jahr soll die Quote beschlosse­n werden. Dann, wenn Kramp-Karrenbaue­r nicht mehr im Amt ist. Das Gleiche gilt für das neue Grundsatzp­rorgamm, das eigentlich in Stuttgart verabschie­det werden sollte.

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Auftrieb in der K-Frage – jedenfalls ein bisschen

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