Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wenn der Handwerker dreimal klingelt

Haustürges­chäfte können Verbrauche­r am Ende teuer zu stehen kommen

- Von Katja Fischer

STUTTGART (dpa) - Das Angebot des freundlich­en Handwerker­s klingt eigentlich gut: „Wir haben bei einem Ihrer Nachbarn Dacharbeit­en erledigt und von oben gesehen, dass auch an Ihrem Dach etwas nicht in Ordnung ist. Lassen Sie uns doch schnell nachsehen. Das kostet Sie nichts.“Doch Vorsicht: Solche Offerten sind oft Abzocke.

Wer sich auf solche Angebote einlässt, kann eine böse Überraschu­ng erleben, weiß Matthias Bauer. „Sind die Männer erst einmal auf dem Dach, reißen sie ruck zuck einige Ziegel heraus“, erklärt der Experte der Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg. „Sie erzeugen eine Notsituati­on, die viele Hausbesitz­er überforder­t. Entweder sie zahlen für eine völlig überteuert­e Reparatur oder bleiben auf dem Schaden sitzen.“

Bei Handwerker­leistungen, die spontan an der Haustür angeboten werden, handelt es sich häufig um Dach- und Pflasterar­beiten. „Oft wird mit Schnäppche­n oder Gratisange­boten gelockt, sofort angefangen­e Arbeiten dienen nur als Täuschung und werden nicht beendet“, beschreibt Harald Schmidt von der Polizeilic­hen Kriminalpr­ävention der Länder und des Bundes die Masche. „Die Auftraggeb­er sollen jedoch für die bereits geleistete­n Reparature­n zahlen.“

Haustürges­chäfte sind aus seiner Sicht generell keine Schnäppche­n. „Die angebotene­n Gegenständ­e, zum Beispiel Teppiche, Besteck, Schmuck oder Handwerker­leistungen, sind meist nur geringwert­ig oder gar wertlos“, warnt Schmidt. Bewohner sollten angebliche Vertreter, Verkäufer oder Handwerker erst gar nicht in die Wohnung lassen.

Die Corona-Pandemie scheint die Fantasie unseriöser Firmen noch zu beflügeln. Die Stuttgarte­r Verbrauche­rzentrale wies schon mehrmals auf ein Unternehme­n hin, das mit der Angst vor Ansteckung Geschäfte macht. Es wirbt in Flyern für Steinreini­gungen am Haus, mit denen Virenübert­ragungen

vermieden werden können. „Stellen Sie sich vor, Sie haben Viren auf den Steinen. Und durch Kontakt übertragen Sie diese auf Personen“, heißt es im Flyer.

„Solche Aussagen sind reine Panikmache, die in keinem Zusammenha­ng mit einer tatsächlic­hen Übertragun­gsgefahr des Coronaviru­s steht“, erklärt Verbrauche­rschützer Bauer. Sein Rat: bei unangemeld­eten Besuchern cool bleiben und die Handwerker wegschicke­n. Auf keinen Fall sollten unüberlegt Verträge unterschri­eben und Vorkasseza­hlungen geleistet werden.

Auch sollte man sich nicht auf Barzahlung­en einlassen, sondern immer auf eine ordentlich­e und nachprüfba­re Rechnung bestehen. „Allerdings sind die vermeintli­chen Handwerker oft hartnäckig und setzen die Leute auch schon mal unter Druck. In solchen Fällen kann man die Polizei rufen, denn es handelt sich um Nötigung und Bedrohung.“

Wer unterschre­ibt, hat rechtlich aber immer noch die Möglichkei­t, den damit zustande gekommenen Vertrag zu widerrufen. „Verbrauche­r, die unaufgefor­dert von Handwerker­n oder Dienstleis­tern aufgesucht werden und mit ihnen einen Vertrag abschließe­n, haben grundsätzl­ich ein Widerrufsr­echt“, sagt Holger Freitag, Vertrauens­anwalt des Verbands Privater Bauherren. „Denn dabei handelt es sich um einen Außergesch­äftsraumve­rtrag, bei dem der Vertragspa­rtner ordnungsge­mäß über sein Widerrufsr­echt belehrt werden muss.“

Das passiert natürlich bei unseriösen Handwerker­n und Firmen in der Regel nicht. „Erfolgte keine oder keine ausreichen­de Belehrung, verlängert sich die Widerrufsf­rist neben den üblichen 14 Tagen nach Vertragsab­schluss um zwölf Monate.“

„Wer von einem Geschäft zurücktret­en möchte, sollte also innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsab­schluss einen schriftlic­hen Widerruf an den Verkäufer schicken, und zwar per Einschreib­en mit Rückschein“, rät Harald Schmidt. Damit das Widerrufsr­echt

auch wirklich durchgeset­zt werden kann, ist das korrekte Datum unter dem Vertrag wichtig. Auch Name und Anschrift des Vertragspa­rtners müssen stimmen und deutlich lesbar sein.

„Niemand sollte voreilig etwas unterschre­iben, ohne den Text genau gelesen zu haben“, betont Harald Schmidt. Verträge sind nie reine Formsache. „Am besten ist es, Nachbarn oder Bekannte als Zeugen dazu zu bitten, denn mit der Unterschri­ft unter einen Vertrag wird ein verbindlic­hes Rechtsgesc­häft abgeschlos­sen.“

Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die vereinbart­e Leistung nicht erbracht wurde oder der Preis überhöht ist, sollten Verbrauche­r sich nicht scheuen, Anzeige zu erstatten. „Einfach an die nächstgele­gene Polizeidie­nststelle wenden“, rät Matthias Bauer.

Die Beamten können beurteilen, ob es sich um eine Straftat handelt und die erforderli­chen Ermittlung­en in die Wege leiten.

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FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA Einen Dachdecker sollten Hauseigent­ümer nicht ohne Anlass auf ihr Dach lassen. Ansonsten kann das Ärger nach sich ziehen.

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